Schon wieder ist ein Schiff gegen eine Eisenbahnbrücke geprallt, die für niedersächsische Häfen wichtig ist. Die wirtschaftlichen Folgen sind enorm.
Nach dem Schiffsunfall an der Eisenbahnbrücke in Elsfleth (Landkreis Wesermarsch) sind die Häfen links der Weser wieder vom Schiffs- und Bahnverkehr abgeschnitten. "Durch die fehlende Bahnverbindung sind Arbeitsplätze in unserem Hafen Brake in Gefahr und Einnahmeausfälle in Millionenhöhe drohen", teilte die Sprecherin der landeseigenen Hafeninfrastrukturgesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts) mit. Auch wenn das genaue Ausmaß des Schadens noch unklar sei, bringe die Havarie die Häfen Brake, Oldenburg und Nordenham in eine "unglückliche Situation".
Der Schiffsverkehr auf der Hunte sei nach wie vor in beide Richtungen gesperrt, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei. Auch Züge können vorerst nicht über die Brücke fahren. Die Sperrung trifft erneut die Häfen links der Weser, die auf die Anbindung angewiesen sind.
Ermittlungen gegen den Schiffsführer
Grund für den Unfall ist nach ersten Ermittlungen der Wasserschutzpolizei ein Fehler des Schiffsführers. Demnach hat die Befragung des Mannes ergeben, dass dieser die Durchfahrtshöhe falsch eingeschätzt hat. Die Wasserschutzpolizei ermittelt nun wegen des Tatvorwurfs der Gefährdung des Bahn- und Schiffsverkehrs. Ein technischer Defekt an dem Tankmotorschiff könne ausgeschlossen werden, hieß es.
Das Binnenschiff prallte am Dienstagnachmittag gegen die Eisenbahnbrücke. Dabei wurde das Brückenhaus des Tankschiffes fast komplett abgerissen und die Brücke beschädigt. Der Schiffsführer und ein weiteres Besatzungsmitglied wurden leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht. Der Bahnverkehr über die Brücke wurde für unbestimmte Zeit gestoppt, ein Notverkehr mit Bussen eingerichtet.
Das Ausmaß des Schadens war zunächst unklar. Ob und wann wieder Züge über die Brücke fahren könnten, müsse geprüft werden, sagte eine Bahnsprecherin. Die Entscheidung darüber werde frühestens im Laufe des Mittwochs fallen, sagte sie.
Zweiter Unfall innerhalb weniger Monate
Bei dem Bauwerk handelt es sich um eine Behelfsbrücke, weil schon im Februar ein Binnenschiff gegen die reguläre Eisenbahnbrücke gefahren war. Das 110 Meter lange Schiff prallte gegen das Bauwerk und beschädigte dieses stark. Die Gleise wurden verbogen, die Oberleitungen beschädigt und die Unterkonstruktion verschoben. Auch damals war menschliches Versagen Grund für den Unfall. Nach Angaben der Wasserschutzpolizei wird dem damaligen Schiffsführer Gefährdung des Bahn- und Schiffsverkehr vorgeworfen. Es werde mit einer baldigen Anklage gerechnet, hieß es.
Die nun beschädigte Behelfsbrücke war seit Ende April in Betrieb. Nach Wochen des Stillstandes konnten damals wieder Züge zwischen Berne und Elsfleth fahren, die Häfen in Nordenham und Brake waren wieder per Schiene erreichbar.
Für Oldenburg war die Behelfsbrücke allerdings keine Lösung, der Hafen ist seit dem ersten Unfall im Februar abgeschnitten. Der Bau einer neuen Brücke werde womöglich Jahre dauern - und der Schaden sich schnell auf eine zweistellige Millionenhöhe summieren, so die Befürchtung aus Oldenburg.
Binnenschiffe müssen auf Wasserstand achten
Die provisorische Brücke war dem niedersächsischen Verkehrsministerium zufolge 30 Zentimeter niedriger als die vorherige Brücke und ließ sich nicht für Schiffe öffnen. Für Seeschiffe reichte die Höhe nicht aus, sie konnten den Fluss an der Stelle nicht passieren. Binnenschiffe konnten nur unter der Brücke durchfahren, wenn der Wasserstand niedrig genug war.
Der Wasserschutzpolizei zufolge sind die Pegelstände an der Hunte sichtbar. Zudem werden die Pegelstände über Funk durchgegeben. "Die Schiffsführer sind verpflichtet, diese Nachrichten zu hören", sagte der Sprecher.
Erhebliche Folgen für Versorgung der Häfen
Mit dem jüngsten Unfall ist die Hunte in Elsfleth erneut für den Schiffsverkehr gesperrt, wieder sind wichtige niedersächsische Häfen nicht erreichbar. "Momentan ist das ein Nadelöhr", sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei. "Es ist eine erhebliche Einschränkung der Versorgung der Häfen und der Wirtschaftsstandorte." Ein Ausfall dieser Brücke führt demnach zu einem großen wirtschaftlichen Schaden.
Für die Häfen links der Weser ist insbesondere die Einstellung des Schienenverkehrs problematisch: Im Hafen Brake werden beispielsweise rund 30 Prozent des Umschlags über die Bahn abgewickelt. Schon infolge des ersten Unfalls entstand dort ein Schaden von rund einer Million Euro, wie Schätzungen der landeseigenen Hafeninfrastrukturgesellschaft Niedersachsen Ports ergaben. Umso wichtiger war die Behelfsbrücke - die nun auch beschädigt ist.
Die Hafenwirtschaft und NPorts bemühen sich nach eigenen Angaben, gegensteuern und den erneuten Schaden einzugrenzen. "Die Wirtschaft in der Region und darüber hinaus braucht eine stabile und sichere Verbindung", betonte die Sprecherin. Die Bahn müsse schnellstmögliche eine stabile Drehbrücke errichten. Außerdem fordert NPorts Strategien, um langfristig die Sicherheit des Schiffsverkehrs zu gewährleisten.