Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat den Zeitpunkt der Auslieferung eines mutmaßlich linksextremen nichtbinären Menschen nach Ungarn verteidigt. Es hätten bereits Informationen vorgelegen, dass mit Störaktionen zur Verhinderung der Auslieferung zu rechnen gewesen sei, sagte die Ständige Vertreterin der Generalstaatsanwältin in Berlin, Simone Herberth, am Mittwoch im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten des Berliner Abgeordnetenhauses.
Angesichts dieser "Bedrohungsszenarien" gehe sie davon aus, dass das sächsische Landeskriminalamt (LKA) sich für den frühen Flug mit dem Helikopter entschieden habe. Eine solche Entscheidung liege im LKA-Ermessen, sagte Herberth. Der früheste Flug sei um 04.00 Uhr morgens möglich gewesen, deshalb sei der Mensch um 02.00 Uhr morgens in der Justizvollzugsanstalt in Dresden abgeholt worden.
Der Rechtsanwalt des Antragstellers, Sven Richwin, hatte die Aktion kritisiert, mit welcher der effektive Rechtsschutz ausgehebelt worden sei. Er hatte per Eilantrag am Bundesverfassungsgericht erwirkt, dass die Auslieferung in das als queerfeindlich geltende Ungarn gestoppt wird.
Der Beschluss erreichte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft nach eigenen Angaben aber erst um 8.30 am Freitagmorgen, als der Mensch bereits seit gut eineinhalb Stunden zur sogenannten Durchlieferung an die österreichischen Behörden übergeben worden war.
Einen Tag zuvor hatte das Berliner Kammergericht die Auslieferung des Menschen für zulässig erklärt. Die ungarischen Behörden werfen ihm vor, seit 2017 Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu sein, die zum Ziel gehabt habe, Rechtsextreme anzugreifen.
Konkret soll der Mensch bei einem Angriff im Februar 2023 in Budapest mit schweren Körperverletzungen beteiligt gewesen seien, wie Herberth sagte. Unter anderem gehe es um erhebliche Kopfverletzungen durch Teleskopschlagstöcke.
Es lägen Garantieerklärungen der ungarischen Behörden vor, wonach der Mensch zur Vollstreckung einer möglichen Freiheitsstrafe nach Deutschland rücküberstellt werde, sagte Herberth. Bei der Entscheidung des Kammergerichts hätten auch Opferinteressen eine Rolle gespielt.