Trotz eines Kaders aus Weltstars braucht England im EM-Achtelfinale eine Menge Glück, um nicht aus dem Turnier zu fliegen. Das Spiel verdeutlicht: Diese Mannschaft hat keinen Titel verdient. Aus Gelsenkirchen berichtet William Laing Man konnte über 90 Minuten am Sonntagabend in Gelsenkirchen eigentlich nur mit dem Kopf schütteln: England, seines Zeichens Turnierfavorit, lag doch tatsächlich in der Nachspielzeit des Achtelfinals der EM gegen den krassen Außenseiter aus der Slowakei mit 0:1 hinten. Nach einem grotesken Auftritt der "Three Lions" zeichnete sich in Gelsenkirchen die größte Sensation der bisherigen Europameisterschaft ab. Bis zur verflixten fünften Minute der Nachspielzeit. Ein von Verteidiger Marc Guehi mit dem Kopf verlängerter Einwurf fand im Zentrum noch einmal Jude Bellingham – und der ehemalige BVB-Star machte etwas, wozu in diesen Tagen nur einer wie er imstande ist. Bellingham setzte zum Fallrückzieher an und versenkte den Ball traumhaft im Tor der Slowaken. Ein unglaublicher Treffer, der das Stadion zum Explodieren brachte und England in die Verlängerung hievte. In der war dann Bayerns Harry Kane per Kopf zur Stelle und ließ seine Mannschaft ein zweites Mal jubeln. Sein Treffer führte die Entscheidung herbei: England steht im Viertelfinale und trifft dort auf die Schweiz. Das Team von Trainer Gareth Southgate ist dem Turniertod dieses Mal noch gerade so von der Schippe gesprungen. Von einem verdienten Erfolg möchte man im Anschluss deshalb eigentlich nicht wirklich sprechen. Zu traurig anzusehen war das, was England an diesem Abend in der Arena auf Schalke anbot. Manifestiert hat sich derweil nur eine Erkenntnis: Den EM-Titel darf England auf keinen Fall gewinnen. Irgendwie durch das Turnier gemogelt Das hat in erster Linie einen ganz bestimmten Grund: Dass England mit diesen Weltklasse-Spielern eine einfallslose Performance nach der nächsten präsentiert, ist eine Schande. Harry Kane wurde Torschützenkönig in der Bundesliga , Jude Bellingham gewann mit Real Madrid die Champions League und wurde Spieler des Jahres in Spanien. Phil Foden sicherte sich die gleiche Auszeichnung in der englischen Premier League und auch Akteure wie Declan Rice und Bukayo Saka zählen zur absoluten Weltspitze im Fußball. Doch in vier Spielen bei dieser Europameisterschaft hat die englische Mannschaft bisher nur destruktive und völlig unappetitliche Auftritte aufs Parkett gelegt und sich mit diesen dann auch noch irgendwie durch das Turnier gemogelt. Diese Art des Fußballs darf nicht belohnt werden, schon gar nicht mit dem EM-Titel. Trainer Gareth Southgate scheint seiner Mannschaft überhaupt keine Spielidee mit an die Hand zu geben. Anders ist das, was die Zuschauer in Gelsenkirchen, aber auch schon während der Vorrunde zu sehen bekamen, kaum zu erklären. Innenverteidiger John Stones beispielsweise wusste gegen die Slowakei des Öfteren nicht, wen von seinen Mannschaftskameraden er denn jetzt anspielen sollte. Nicht, weil es so viele Möglichkeiten gegeben hätte, sondern weil sich keiner von ihnen wirklich anbot. Ein Armutszeugnis für die Millionentruppe von der Insel, bei der Stürmer Harry Kane fast über die gesamte Spielzeit in der Luft hing und wie ein Fremdkörper im eigenen Mannschaftsgefüge wirkte – und das als Kapitän. Der Erfolg gibt England bisher zumindest sportlich recht. Doch dass diese gruseligen Auftritte diese Mannschaft am Ende zum Europameister in Deutschland machen könnten, das wäre des Guten wirklich zu viel.