Vor dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seine "klare Hoffnung" für eine zweite Amtszeit für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geäußert. Konservative, Sozialdemokraten und Liberale hätten mit ihrem vorab ausgehandelten Kompromiss einen Vorschlag gemacht, "der auf eine Mehrheit im Parlament rechnen kann", sagte Scholz am Donnerstag in Brüssel.
Die Staats- und Regierungschefs wollen endgültig über die Nominierungen für die EU-Spitzenposten entscheiden. Sechs Vertreter von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen - darunter Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron - hatten sich vorab geeinigt, von der Leyen für eine zweite Amtszeit an der Kommissionsspitze vorzuschlagen.
"Es gibt einen klaren Konsens, dass das Ursula von der Leyen sein wird", erklärte der irische Regierungschef Simon Harris. Neuer Vorsitzender des Europäischen Rates, der die Treffen der Staats- und Regierungschefs organisiert, soll der ehemalige portugiesische Regierungschef António Costa werden, Außenbeauftragte die estnische Regierungschefin Kaja Kallas.
Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni hatte das Vorgehen bei den EU-Spitzenposten scharf kritisiert. In Europa herrsche eine "Oligarchie", sagte sie zu den Absprachen.
Scholz betonte dagegen, "alle 27" seien "gleich viel bedeutend". Der polnische Regierungschef Donald Tusk sagte, es werde "keine Entscheidung ohne Premierministerin Meloni" geben. Auch Österreichs Kanzler Karl Nehammer sprach sich dafür aus, Meloni "gut einzubinden in diesen Verhandlungsprozess". Italien beanspruchte zuletzt einen der EU-Vizekommissare.
Beim Gipfel ist für das Personalpaket eine qualifizierte Mehrheit von 15 EU-Ländern nötig, die 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten. Die nötige absolute Mehrheit der Abgeordnetenstimmen im Europaparlament ist von der Leyen allerdings weniger sicher.
"Da ist unsere Absicht, dass die politische Plattform, die Frau von der Leyen in der Vergangenheit getragen hat, das auch in Zukunft tun soll", erklärte Scholz in Brüssel mit Blick auf die Mehrheit aus Europäischer Volkspartei (EVP), Sozialdemokraten und Liberalen im Europaparlament. Angesichts des fehlenden Fraktionszwangs sind Abweichler allerdings wahrscheinlich. Das Votum findet frühestens in der ersten Sitzung Mitte Juli statt.