Vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag haben CDU und CSU rasche Abschiebungen nach Afghanistan und die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten gefordert. Mehrere Innenpolitiker der Union drängten am Mittwoch darauf, direkt mit den in Afghanistan regierenden radikalislamischen Taliban zu verhandeln. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bestätigte derweil Gespräche mit "verschiedenen Staaten" zur Realisierung von Abschiebungen nach Afghanistan.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) forderte beispielsweise, "dass wir über vorhandene Kontakte zur Taliban-Regierung, die wir nicht als legitim anerkennen, in Einzelfällen schwerwiegender Straftaten Abschiebungen nach Afghanistan ermöglichen". Dem Magazin "Politico" sagte er weiter: "Wir bringen 400 Millionen Euro Hilfe nach Afghanistan - diese Kontakte sollten wir nutzen."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte ebenfalls Ausweisungen von Straftätern. "Wir müssen Möglichkeiten schaffen, dass Menschen, die in unser Land gekommen sind als Flüchtlinge und dann hier aber schwere Straftaten begehen, dass wir die sofort wieder außer Landes bringen", sagte er dem Sender Bayern 2. Über Abschiebungen wollten die Innenministerinnen und -minister der Länder auch bei ihrer am Mittwochnachmittag in Potsdam beginnenden IMK-Sitzung sprechen.
Ebenfalls an dem Treffen teilnehmen sollte Bundesinnenministerin Faeser. Diese bestätigte bereits, dass Verhandlungen über Abschiebungen nach Afghanistan laufen. "Wir verhandeln vertraulich mit verschiedenen Staaten, um Wege zu eröffnen, über die Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich werden", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Ebenfalls an Fahrt gewann die Debatte um Auslagerung von Asylverfahren. Die Bundesfraktion der Union kündigte an, einen entsprechenden Antrag in das Parlament einbringen zu wollen, wie das "Handelsblatt" berichtet. Demnach soll Deutschland in Europa darauf hinwirken, Gespräche mit Staaten wie Ruanda zu führen.
"Mit sicheren Drittstaaten soll eine umfassende Partnerschaft auf Augenhöhe begründet werden", zitiert die Zeitung aus dem Antrag. Diese soll sich demnach nicht nur auf eine Zusammenarbeit im Bereich Migration beschränken, sondern unter anderem auch die Kooperation im Wirtschaftssektor umfassen.
FDP-Vizechef Johannes Vogel forderte die Ministerpräsidentenkonferenz ebenfalls auf, das Thema voranzutreiben. "Ich halte das für einen ganz zentralen Hebel, um die irreguläre Migration runterzubringen", sagte er den Sendern RTL und ntv und fügte hinzu: "Wir wollen ja reguläre Migration in den Arbeitsmarkt hochbringen und die Migration runter."
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Mittwoch, dass zur Auslagerung der Verfahren derzeit eine "aufwendige und ergebnisoffene Prüfung" laufe. Dazu stehe das Ministerium im Austausch mit internationalen Partnern und Organisationen. "Für uns höchste Priorität hat die Umsetzung des gemeinsamen Asylsystems", sagte der Sprecher. Ministerin Faeser wolle den Stand der Prüfung den Landesministern am Donnerstag mitteilen.
Indes sprachen sich mehr als 300 Organisationen in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Länderchefs gegen eine Verlagerung von Asylverfahren aus. Sie fordern, "Plänen zur Auslagerung von Asylverfahren eine klare Absage" zu erteilen. Unterzeichner sind unter anderem die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Diakonie, Brot für die Welt und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD).
"Wir, 309 Organisationen und Initiativen, möchten Teil einer Gesellschaft sein, die geflüchtete Menschen menschenwürdig aufnimmt", heißt es in dem Brief. Wer Schutz in Deutschland suche, solle ihn auch hier bekommen. "Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht."
Die Ministerpräsidenten wollen am Donnerstag in Potsdam mit dem Bundeskanzler über die Migrationspolitik sprechen, unter anderem über die Auslagerung von Asylverfahren. Scholz hatte sich dazu zuletzt nicht mehr grundsätzlich abgeneigt gezeigt. Konkrete Verhandlungen mit Drittländern gibt es bislang aber nicht.