Der Hessische Rundfunk baut sein Radioangebot massiv um. Langfristig soll etwa die Hälfte aller Radiosender entfallen. Das dürfte für viele Mitarbeiter eine Schocknachricht gewesen sein: Der Hessische Rundfunk (HR) will in den kommenden Jahren ein massives Sparprogramm fahren und sein Radioangebot neu ausrichten. Langfristig plant der Sender in Frankfurt mit der Hälfte seiner Programme. Bis zum Jahr 2032 soll es noch drei Radioprogramme geben, die von dem öffentlich-rechtlichen Sender vollständig selbst produziert werden, wie der HR am vergangenen Mittwoch in Frankfurt mitteilte. "Welche das sein könnten, wird sich dann in einigen Jahren zeigen. Darüber gibt es heute noch keine Entscheidung", sagte Programmdirektorin Gabriele Holzner. Weitere Wellen könnten etwa in enger Zusammenarbeit des ARD-Verbunds fortgeführt werden. Derzeit bietet der HR sechs Radioprogramme an: hr1, hr2-kultur, hr3, hr4 sowie hr-Info und YouFM. Der HR steht wie alle öffentlich-rechtlichen Sender unter Spar- und Reformdruck. Die ARD-Häuser bauen derzeit Doppelstrukturen im Programm ab und intensivieren die Zusammenarbeit. Ähnlich wie beim Fernsehen ändert sich beim Radio die Nutzung – insbesondere jüngere Menschen rufen Audioinhalte immer mehr über Mediatheken und andere Plattformen ab. Auch ihnen will der HR künftig ein verstärktes Audioangebot machen, dafür müssen Personal und Technik an anderer Stelle eingespart werden. Klassisches Radio bleibt in reduzierter Form erhalten Das klassische Radioprogramm soll langfristig erhalten bleiben, wenn auch in reduzierter Form. "Es wird Radioangebote brauchen und geben, die konsequent an die Zielgruppe der über 50-Jährigen und deren Nutzungsverhalten ausgerichtet sind", sagte der stellvertretende HR-Programmdirektor Martin Lauer. Die Reform soll in zwei Stufen umgesetzt werden: Bis zum Jahr 2028 sollen beispielsweise bei hr1 und hr4 vorrangig die Frühsendungen am Morgen vom HR produziert werden, anschließend soll es weniger eigene Beiträge geben. Bei hr2 soll der Schwerpunkt ebenfalls auf dem Morgen liegen, anschließend soll ein klassisches Musikprogramm mit Wortbeiträgen gesendet werden. Der Sender setzt dabei auf Zweitverwertung von Programminhalten. Die aktuelle Kulturberichterstattung von hr2-Kultur soll der Nachrichtensender hr-Info übernehmen. Kosten und Aufwand für das vorwiegend an jüngere Menschen gerichtete Radioprogramm YouFM sollen deutlich sinken, dazu plant der HR, mit anderen ARD-Sendern zusammenzuarbeiten. Für hr3 und hr-Info sind ansonsten keine wesentlichen Programmveränderungen geplant. hr-Info soll bei überregionalen Themen verstärkt mit anderen ARD-Sendern kooperieren. In einer zweiten Stufe bis 2032 sollen dann nur noch drei vollständig vom HR produzierte Radiowellen übrig bleiben. Der HR will den Umbau ohne betriebsbedingte Kündigungen schaffen. Scharfe Kritik vom DJV Hessen – "fassungslos" Die Kritik an dem Plan des HR ließ nicht lange auf sich warten: Der Landesvorsitzende des DJV Hessen, Knud Zilian, zeigte sich angesichts "dieser als Strategie getarnten weiteren Sparrunde ohne inhaltliche Perspektive erneut einigermaßen fassungslos." Zilian teilte auf der Internetseite des Journalisten-Verbands mit, es gehe es nicht darum, "digitale gegen lineare Programminhalte gegeneinander auszuspielen, sondern ich sorge mich um die glaubwürdige Erfüllung des gesetzlich verbrieften Auftrags, die jetzt schon gefährdet ist und mit den geplanten Maßnahmen zunehmend ausgehöhlt wird." Die Führung solle "erst einmal eine glaubwürdige Digitalstrategie entwickeln sollte, bevor man die Axt ans Radio legt." Es gehe nicht an, dass ein Medienhaus mit der finanziellen und personellen Ausstattung des HR gerade in dem Bereich "inhaltlich immer kleinere Brötchen backen will, in dem es die höchste Akzeptanz und Reichweite erzielt, nämlich im Hörfunk", so Zilian.