Deutschland gehört in Westeuropa zu den Schlusslichtern bei der Lebenserwartung und fällt weiter zurück. Der Abstand zum restlichen Europa vergrößerte sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten stetig, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB) und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung zeigt.
Betrug der Rückstand Deutschlands auf die durchschnittliche Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt im restlichen Westeuropa im Jahr 2000 rund 0,7 Jahre, so vergrößerte sich dieser Abstand bis 2022 auf 1,7 Jahre. "Der Beginn der 2000er Jahre markiert einen Wendepunkt in der Dynamik der Sterblichkeitsentwicklung in Deutschland", erklärte Mitautor Pavel Grigoriev vom BIB. Seitdem sei die Sterblichkeitslücke zwischen Deutschland und den anderen westeuropäischen Ländern "relativ stetig angewachsen".
Seit der Jahrtausendwende verloren sowohl West- als auch Ostdeutschland gegenüber den anderen Ländern Westeuropas an Boden. Betrug der Rückstand bei der Lebenserwartung der Männer im Jahr 2000 noch rund 0,7 Jahre, vergrößerte sich diese Lücke bis 2022 auf 1,8 Jahre. Bei den Frauen erhöhte sich der Abstand bei der Lebenserwartung von 0,7 Jahren im Jahr 2000 auf aktuell 1,4 Jahre.
Lediglich im ersten Pandemiejahr 2020 gab es demnach bei beiden Geschlechtern eine kurzfristige Annäherung an den westeuropäischen Durchschnitt, weil in Deutschland zunächst deutlich weniger Menschen an Covid-19 starben.
Die Sterblichkeit unterscheidet sich allerdings in den einzelnen Altersgruppen. Während die Sterblichkeit von Menschen unter 50 Jahren in Deutschland im westeuropäischen Durchschnitt liegt, ist sie bei der Bevölkerung über 65 Jahre deutlich erhöht. Bei den Frauen weisen in Deutschland vor allem über 75-Jährige eine höhere Sterblichkeit auf als Gleichaltrige in den anderen Ländern. Bei den Männern klafft eine Lücke vor allem im Alter zwischen 55 und 74 Jahren.
Handlungsbedarf zur Erhöhung der Lebenserwartung sehen die Forschenden in Deutschland vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Demnach weisen internationale Vergleiche auf einen Nachholbedarf bei der Prävention und der Früherkennung dieser Erkrankungen hin. Ähnliches gelte für die Tabak- und Alkoholprävention sowie gesunde Ernährung.