Das RKI will endlich bessere Daten zur Gesundheit der Deutschen sammeln. Doch das Vorgehen des Instituts ruft den Bund der Steuerzahler auf den Plan. Worum geht es? Wie geht es Deutschland? Das Robert Koch-Institut (RKI) möchte diese Frage mit einer umfassenden Studie beantworten. Das Institut verschickt derzeit 180.000 Briefe an Menschen in ganz Deutschland. Der Versand habe bereits im Januar begonnen, teilt das Institut mit. Das RKI hofft, so insgesamt 30.000 Menschen ab 16 Jahren zur Teilnahme bewegen zu können. Die Studie ist damit die größte Befragung zum Stand der öffentlichen Gesundheit in der deutschen Geschichte. "Wenn Sie eine Einladung bekommen, machen Sie mit", schreibt das RKI. Wer einen Brief erhält, kann sich glücklich schätzen: Dem Schreiben liegt ein Fünf-Euro-Schein bei, der die Empfängerinnen und Empfänger zur Teilnahme an der Studie bewegen soll. Vor allem hieran stößt sich der Bund der deutschen Steuerzahler. Er fürchtet die Verschwendung öffentlicher Gelder. Worum geht es dem Bund der Steuerzahler genau? Und was will das RKI mit seiner Studie überhaupt herausfinden? t-online gibt Antworten. Was möchte das RKI mit der Studie herausfinden? Die Befragung soll Daten für eine ganze Reihe von Gesundheitsmaßen erheben. Den Kern bildet dabei eine Batterie von physischen und psychischen Schlüsselindikatoren, die das RKI jährlich oder zweimal im Jahr erheben möchte. Dabei geht es zum Beispiel um Fragen zu Depression und Angststörungen, aber auch zu Wohlbefinden, Lebensqualität und chronischem Stress. Auch die Verbreitung des Post-Covid-Syndroms, das Betroffenen noch Monate nach einer Corona-Erkrankung zum Teil schwere Probleme bereitet, soll erfasst werden. Neben Fragen zur Gesundheit erhebt das RKI soziodemografische Indikatoren wie Geschlecht, Migrationsstatus und Einkommen. Dadurch will es ein besseres Bild darüber bekommen, in welchen Bevölkerungsgruppen besondere Unterstützungsbedarfe bestehen. Wie ist die Studie aufgebaut? Das Herzstück des Forschungsvorhabens sollen die Befragten bilden, die das RKI derzeit mit seinen Briefen zu rekrutieren versucht. Das RKI hat die Empfänger der Briefe nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, um eine repräsentative Stichprobe zu bekommen. So lassen sich daraus relativ einfach Schlüsse auf den Gesundheitszustand der Allgemeinheit ziehen, ohne jeden Deutschen einzeln befragen zu müssen. Zufallsstichproben gelten in der Umfrageforschung deshalb als Goldstandard. Bis zum Ende des Frühjahrs möchte die Forschungseinrichtung 30.000 Menschen zur Teilnahme bewegen. Dies wären deutlich mehr als die rund 1.000 Teilnehmer, die in der Regel als hinreichend für repräsentative Schlüsse auf die Gesamtbevölkerung gelten. Allerdings machen größere Stichproben es eher möglich, auch für Subgruppen repräsentative Schlüsse zu ziehen. So hofft das RKI etwa, dadurch in Zukunft Aussagen über den Gesundheitszustand in deutschen Teilregionen treffen zu können. 70.000 weitere Befragte sollen dazukommen In einem zweiten Schritt möchte das RKI dann auch Menschen die Möglichkeit geben, sich eigenständig für die Studie zu registrieren. So sollen weitere 70.000 Menschen rekrutiert werden. Da diese dann nicht zufällig ausgewählt sind, macht dies Rückschlüsse auf die Allgemeinbevölkerung deutlich schwieriger und ungewisser. Allerdings erhofft sich das RKI aus dieser Maßnahme bessere Daten über schwer zugängliche Berufs- oder Bevölkerungsgruppen, die selbst in der vergleichsweise großen Zufallsstichprobe womöglich nur in kleiner Fallzahl vertreten sein werden. Neben den (zwei-)jährlich erhobenen Schlüsselindikatoren möchte das RKI künftig bei Bedarf auch spontane Ad-hoc-Befragungen durchführen, um sich schnelle Lagebilder verschaffen zu können. Warum führt das RKI überhaupt eine so große Befragung durch? Derzeit gibt es keine vergleichbare Erhebung in Deutschland, die schnell und aktuell ein Bild über den Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung liefern könnte. Karl Lauterbach (SPD), dessen Gesundheitsministerium das RKI unterstellt ist und von diesem maßgeblich finanziert wird, nannte es in der "Stuttgarter Zeitung" kürzlich einen "gesundheitspolitischen Skandal, dass wir aktuell keine repräsentative Übersicht darüber haben, wie gesund die Bevölkerung eigentlich ist". So wisse man etwa nichts darüber, wie viele Leute eine Behinderung haben, psychisch krank sind oder jeden Tag Schmerzen haben. "Und wie hängt das ab vom Einkommen, vom Migrationshintergrund? Ist der Osten so gut versorgt wie der Westen? Zu diesen Fragen wollen wir endlich belastbare Daten haben", so Lauterbach. RKI-Präsident Lars Schaade bläst in dasselbe Horn: "Auch in einer Krise ist damit zukünftig die Infrastruktur vorhanden, um sehr schnell Antworten auf gesundheitliche Fragestellungen zu erhalten", zitiert ihn das Institut in einer Mitteilung. "Das Panel ist ein wichtiges Instrument, um die Gesundheit der Menschen im Land zu verbessern." Schon im Zuge der Corona-Pandemie hatten Wissenschaftler große repräsentative Umfragen zur besseren Erhebung der Fallzahlen gefordert. Allerdings wurde solch eine Studie nie umgesetzt. Warum gibt das RKI so viel Geld für die Rekrutierung aus? 180.000 Briefe will das RKI mit einem Fünf-Euro-Schein verschicken. Macht also 900.000 Euro, die das Institut nach dem Gießkannenprinzip an ausgewählte Bürger verteilen möchte. Tatsächliche Befragte sollen für ihre Antworten später weitere zehn Euro bekommen. Dass Studienteilnehmer finanzielle Anreize zur Teilnahme erhalten, ist nicht ungewöhnlich. Schließlich kostet dies die Befragten Zeit und Mühe, was entschädigt werden soll. Allerdings erhalten in vielen Umfragen die Teilnehmer erst Geld, wenn sie auch wirklich an der Studie teilgenommen haben – und nicht so, wie im Falle des RKI, wo alle potenziellen Teilnehmer bedingungslos fünf Euro zugeschickt bekommen. Daran stört sich der Bund der deutschen Steuerzahler. Dessen Präsident Reiner Holznagel sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Offenbar geben hier alle Steuerzahler Geld für einen ausgesuchten Personenkreis aus." Weil öffentliche Mittel fließen, forderte Holznagel "detaillierte Erklärungen". Und ging noch einen Schritt weiter: Bis die Erklärungen vorliegen, "sollte die Umfrage gestoppt werden". Wie bereits erwähnt, gelten Zufallsstichproben in der Wissenschaft als Goldstandard. Deshalb geben sich Forschungsinstitute große Mühe, ihre Befragten nach dem Zufallsprinzip zu gewinnen. Dabei gilt der Grundsatz: Eine kleine, aber dafür zufällig ausgewählte Stichprobe ist in der Regel aussagekräftiger als eine große, nicht-zufällig rekrutierte Stichprobe. Gerade bei Wiederholungsbefragungen, wie sie das RKI nun vorhat, ist dieser Punkt relevant. Denn viele Panel-Studien haben mittlerweile zwar vergleichsweise viele Teilnehmer und können oft durchgeführt werden. Dies liegt vor allem daran, dass sie über Smartphones erhoben werden und so für die Teilnehmer leicht zugänglich sind. Allerdings basieren diese Studien oft nicht auf einer Zufallsstichprobe. Gewissermaßen versucht das RKI nun, einen Spagat zu schaffen und die Vorzüge von Panel-Studien mit einer repräsentativen Befragung zu kombinieren.