Joe Bidens vielleicht letzte Rede zur Lage der Nation war furios. Die republikanische Antwort sollte Shooting-Star Katie Britt liefern. Doch ihre Performance könnte sie die Vize-Präsidentschaft gekostet haben.
Es war eine Rede, wie sie lange kein US-Präsident im Repräsentantenhaus gehalten hat – mit furiosen Attacken auf den politischen Gegner, klaren Versprechen und einer Vision für ein besseres Amerika. Joe Bidens vielleicht letzte Rede zur Lage der Nation sollte den Wählern zeigen: Hier spricht nicht der lahme, alte Mann, als den die Republikaner ihn zeichnen. Deren offizielle Antwort fiel so skurril aus, dass sie selbst in den eigenen Reihen als Desaster gesehen wird.
Dabei sollte das offizielle Antwort-Video eigentlich die Schwächen Bidens offenbaren. Der republikanische Parlaments-Chef Mitch McConell hatte dafür eigens den Shooting-Star der Partei ausgewählt. Katie Britt ist die jüngste weibliche Abgeordnete, die je für die Republikaner in den Senat einzog, gilt als mögliche Vizepräsidentin für eine zweite Amtszeit Donald Trumps. Doch das könnte nun vom Tisch sein: Die Reaktionen auf ihr Antwort-Video fallen selbst in der eigenen Partei katastrophal aus.
"Alle drehen komplett durch", erklärte ein Abgeordneter, der nicht namentlich genannt werden wollte, gegenüber "The Daily Beast" die Stimmung in der eigenen Partei. "Es ist eines der größten Desaster, die wir je hatten."
Vor allem zwei Aspekte des Antwort-Videos stehen in der Kritik. Zum einen ist da der Umstand, dass die 42-Jährige die Rede im Sitzen hält – in ihrer heimischen Küche. Das sorgt nicht nur für eine merkwürdige Wahrnehmung der konservativen Partei am Weltfrauentag, sondern nimmt ihrem Auftritt auch viel Dynamik. Noch schlimmer fallen allerdings die Reaktionen auf ihr Auftreten selbst aus: Mit einem übertriebenen Dauergrinsen, schwankend-unsicherer Stimme, teilweise geflüsterten Passagen und einem oft panischen Blick wirkt Britt nicht wie eine zukünftige Vize-Präsidentin im Angriff – sondern wie eine überforderte Anfängerin, die eine Rolle zu spielen versucht.
PAID Analyse zu Bidens State of the Union7:44
"Ihr Auftritt war der Stoff, aus dem Albträume gemacht sind", zitiert "The Daily Beast" etwa einen Trump-Vertrauten. "Die Leute waren davon einfach überrascht." Auch Alyssa Farah Griffin sieht das so. Sie arbeitete früher Trump-Sprecherin, stellte sich zuletzt öffentlich gegen ihn und unterstützte die gerade ausgeschiedene Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley. "Senatorin Katie Britt ist eine sehr beeindruckende Person, sie hat einen wahnsinnigen Wahlkampf gleistet. Aber die Inszenierung war einfach bizarr", erklärte sie bei "CNN". "Ich kann absolut nicht verstehen, warum sie die wichtigste Rede ihres Lebens aus der Küche halten musste."
"Sie denkt offenbar wirklich, dass sie absolut abliefert", erklärte ein Mitarbeiter der Partei gegenüber Reporter Bryan Metzger. "Aber es ist praktisch Satire. Wie ein Sketch bei 'Saturday Night Live'." Auch bei Twitter finden sich von konservativen Accounts Unmengen an negativen Einschätzungen. Britt habe gewirkt, "wie aus einem billigen Horrorfilm", schreibt einer, "Ihr Schauspiel-Coach sollte gefeuert werden", ein anderer. "Bringt die weißen Männer zurück", schimpfte die extrem rechte Kommentatorin Ann Coulter.
Für Britt und die Partei könnte der Auftritt noch Folgen haben. Mitch McConell soll sie persönlich für die Antwort ausgewählt haben, ihre Rede galt als Bewerbungsrede für den Posten als Vizepräsidentschafts-Kandidatin an der Seite von Donald Trump. Vom Tisch ist das zwar noch nicht. Der Ex-Präsident und aktuelle Präsidentschaftskandidat ist allerdings bekannt dafür, die Reaktionen in TV und sozialen Medien genau zu verfolgen – und danach zu handeln. "Das wird ganz sicher nicht helfen", glaubt einer seiner Vertrauten laut "The Daily Beast".
Offiziell sprang ihr Trump allerdings zur Seite – wenn auch vor allem, um Joe Biden anzugreifen. "Sie war GROSSARTIGER Kontrast zum wütenden und offensichtlich tief verstörten 'Präsidenten'", lobte er Britt auf seinem Netzwerk Truth Social. Sie sei mitfühlend und fürsorglich erschienen, habe mit der Migration das wichtigste Thema behandelt, lobte Trump. "Großartig gemacht, Katie!"
Quellen:The Daily Beast, CNN, X, The Hill,Truth Social
