Die Ampelkoalition und die Union streiten um die Einführung des Bürgergeldes. CDU-Chef Merz fürchtet, dass Arbeitsanreize verloren gehen. CDU-Chef Friedrich Merz sieht im von der Bundesregierung geplanten Bürgergeld den nächsten Schritt in Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens. "Müssen wir wirklich ein Transfersystem noch weiter ausbauen und noch mehr Anreize geben, eher nicht so schnell in den Arbeitsmarkt zurückzukehren?", fragte Merz am Dienstag in Berlin beim Branchentag des Gaststättenverbands Dehoga.Zusammen mit der Grundsicherung für ältere Menschen und einer Kindergrundsicherung, die er für kommendes Jahr erwartet, "wird es nicht mehr viele geben in dieser Gesellschaft, die nicht auf irgendein soziales Transfersystem zurückgreifen können", sagte Merz.Bedingungsloses Grundeinkommen meint ein Konzept, in dem jeder Bürger ohne Gegenleistung einen Betrag vom Staat überwiesen bekommt. Je nach genauem Modell werden diese Zahlungen zum Beispiel mit einem Wegfall anderer staatlicher Leistungen gegenfinanziert. Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung wird ein Grundeinkommen nicht erwähnt.Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte bei derselben Veranstaltung, dass zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung hätten. Das bisherige Hartz-IV-System sorge nicht dafür, dass die Menschen Schul- und Berufsabschlüsse nachholten. "Wir bringen viele Menschen, die keine Berufsausbildung haben, vielleicht mal in eine Hilfstätigkeit. Das Jobcenter sieht sie dann in ein paar Monaten wieder. Das ist keine nachhaltige Arbeitsmarktintegration", sagte Heil. Deutschland müsse ein Land der Weiterbildung und ein Einwanderungsland werden.Union weißt Blockadevorwurf zurückDie Spitze der Unionsfraktion hatte sich zuvor gegen Vorwürfe aus der Ampelkoalition gewehrt, CDU und CSU blockierten die Pläne für die Einführung eines Bürgergeldes zum 1. Januar. Die Ampel habe weder mit der Unionsfraktion noch mit Ländern mit einer Unionsbeteiligung in der Regierung vorab über die Bürgergeldpläne gesprochen, kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der Abgeordneten von CDU und CSU, Thorsten Frei (CDU).Wenn die Bundesregierung vor diesem Hintergrund einen Gesetzentwurf vorlege, müsse sich niemand wundern, wenn die Union diesen ablehne. Der Blockadevorwurf "entspricht nicht ganz meinen Vorstellungen einer parlamentarischen Demokratie. Die funktioniert halt eben anders", sagte Frei.Die Unionsfraktion will nach seinen Worten bei der zweiten Lesung der Ampelpläne an diesem Donnerstag beantragen, die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze zum 1. Januar herauszulösen und gesondert in namentlichem Votum darüber abzustimmen. Dies werde bei der dritten Lesung allerdings keine Rolle mehr spielen – dann werde die Union die Gesetzespläne in Gänze ablehnen."Da ist alles zu schaffen, wenn man es schaffen will"Sollte das Bürgergeld im Bundesrat scheitern und die Bundesregierung daraufhin den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat anrufen, sei der Zeitplan für die Einführung einer geänderten Regelung dennoch zu schaffen. "Da ist alles zu schaffen, wenn man es schaffen will", sagte Frei. Der Bundesrat könne sich bereits bei einer geplanten Sondersitzung am 14. November mit dem Bürgergeld befassen. Vorläufige "Deadline" für eine Zustimmung über womöglich geänderte Pläne sei die letzte offizielle Bundesratssitzung des Jahres am 16. Dezember.Mit der Reform will die Ampel das Hartz-IV-System ablösen. Aus Sicht von CDU und CSU setzt das Bürgergeld aber "falsche Anreize" und beendet das Prinzip "Fördern und Fordern". Kritisiert wird auch die "Karenzzeit" – Vermögen und Angemessenheit der Wohnung sollen erst nach zwei Jahren Bürgergeldbezug überprüft werden. Ein weiterer Kritikpunkt ist das sogenannte Schonvermögen – maximal 60.000 Euro, die nicht angetastet werden, wenn jemand Bürgergeld bezieht.Grüne: Haltung der Union "unanständig"Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hat die Union für ihren Widerstand bei der Einführung des Bürgergeldes scharf kritisiert. "Dass jetzt die Union ausgerechnet beim Bürgergeld und damit bei der Unterstützung der Menschen, die am wenigsten haben in dieser Gesellschaft, so massiv auf der Bremse steht, das ist aus unserer Sicht unanständig", sagte sie am Dienstag in Berlin vor Beginn der Grünen-Fraktionssitzung.Man habe in der vergangenen Woche schon ein Angebot an die Union mit einzelnen Vorschlägen gemacht. Jetzt müsse diese sagen, ob sie bereit sei, an dieser Stelle Verantwortung zu tragen, meinte Dröge."Gut ist, wenn sie schon einmal die Regelsatzerhöhung mit uns machen, aber dass sie sagen, der Rest des Bürgergelds, den diskutieren wir später – das ist am Ende unwahr, denn tatsächlich meinen sie damit, dass der Rest des Bürgergeldes nicht kommen soll. Und dazu sind wir nicht bereit", betonte Dröge.