Rund ein halbes Jahr nach dem Regierungswechsel im Saarland geraten Regierung und Opposition im Landtag ernsthaft aneinander. Beim Thema Kinderschutz werden wechselseitige Beschuldigungen ausgetauscht.
Ein Vorschlag der oppositionellen CDU-Fraktion im saarländischen Landtag für ein Kinderschutzgesetz hat am Mittwoch zu einem Schlagabtausch mit der SPD-Mehrheitsfraktion geführt. Die Sozialdemokraten lehnten mit ihrer absoluten Mehrheit den CDU-Entwurf ab. Stattdessen begrüßten sie in einer Entschließung die Absicht von Sozialminister Magnus Jung (SPD), im kommenden Frühjahr einen eigenen Vorschlag für ein solches Kinderschutzgesetz zu machen. Jung selbst sprach von einer "vergifteten Debatte".
Zuvor gab es im Landtag wechselseitige Schuldzuweisungen. Der Abgeordnete Alwin Theobald (CDU) warf den Sozialdemokraten "Parteitaktik" vor, weil diese dem CDU-Gesetzentwurf nicht zustimmen wollten. "Das Thema liegt Ihnen nicht so am Herzen wie der CDU", rief er den Sozialdemokraten zu. Parteitaktik sei der SPD "wichtiger als das Wohl der Kinder in diesem Land". Alleine in den vergangenen beiden Jahren seien Saarland mehr als 300 Kinder zu Opfern von Gewalt oder Missbrauch geworden.
Die Abgeordnete Réka Klein (SPD) sagte mit Blick auf das Ende der 23-jährigen Regierungszeit der CDU im Saarland nach den Wahlen vom März 2022: "Erst jetzt, wo Sie in der Opposition sind, sind Sie auf die Idee gekommen, den Kinderschutz in den Fokus zu nehmen." Zuvor habe die CDU mehr als zwei Jahrzehnte das Sozialministerium geführt, ohne ein Kinder- und Jugendschutzgesetz vorzuschlagen. Jetzt nehme die Partei es nur ins Blickfeld, weil sie sich erhoffe, damit bei den Bürgern punkten zu können. "Das ist schäbig", sagte Klein. Zudem handele es sich bei dem CDU-Vorschlag nur um die Kopie eines nordrhein-westfälischen Gesetzes. Schon im Juni habe Sozialminister Magnus Jung (SPD) die Vorlage eines Kinderschutzgesetzes angekündigt: "Dieses Gesetz darf nicht mit Schnellschüssen vermurkst werden."
"23 Jahre lang ist nichts passiert und dann schreibt die CDU nach vier Monaten einen Entwurf aus Nordrhein-Westfalen ab", sagte die Abgeordnete Kira Braun (SPD). Sie sei "in einem Höchstmaß davon irritiert, bei welchen Themen hier Parteiprofilierung vorangetrieben wird auf dem Rücken von Kindern und Jugendlichen". "Sie stellen sich heute hierhin und reden das alles klein", sagte der CDU-Sozialexperte Hermann-Josef Scharf. Er habe in der Vergangenheit auch mit Abgeordneten der SPD "sehr viel für den Kinderschutz getan und das lasse ich mir auch von Ihnen nicht kleinreden".
Der Abgeordnete Christoph Schaufert (AfD) sagte, es sei "jammerschade", wie das Thema Kinderschutz politisch instrumentalisiert werde. Die Diskussion sei unredlich: "Hier ist Kinderschutz nur das Vehikel, um sich als echter Kämmerer aufzuplustern."
Sozialminister Jung sagte: "Es tut mir wirklich in der Seele weh, in welcher Art und Weise hier eine vergiftete Debatte geführt wird zu diesem wichtigen Thema." Die CDU habe gegen die Regierung und ihn persönlich den Vorwurf erhoben, dass er den Kinderschutz vernachlässige und in diesem Bereich nichts mache: "Das hat mich auch persönlich getroffen." Er habe schon im Mai den Prüfauftrag für ein Kinderschutzgesetz gegeben und werde einen entsprechenden Gesetzentwurf nach ausführlicher Beratung im Frühjahr vorlegen. Zuvor werde bereits ein Kinderschutzbeauftragter der Regierung ernannt. "Wir werden mit den Regelungen des neuen Kinderschutzgesetzes deutlich über das hinausgehen, was aus Nordrhein-Westfalen vorliegt."
Jung betonte, er wolle "trotz der schwierigen Debatte am heutigen Tag" zu einer konstruktiven und sachlichen Debatte zurückkehren. Er habe sich zwar über einige Äußerungen "tierisch geärgert", doch solle dies einen konstruktiven Dialog nicht behindern.
SPD-Antrag Kinderschutz CDU-Antrag Kinderschutz