In einem Interview mit dem stern und RTL/ntv sieht Altkanzler Gerhard Schröder die Verantwortung für die Probleme mit den Turbinen der Gas-Pipeline Nord Stream 1 nicht allein bei Russland – er macht den deutschen Energiekonzern Siemens Energy mitverantwortlich.
Altkanzler Gerhard Schröder hat dem deutschen Energiekonzern Siemens Energy vorgeworfen, den Betrieb einer Gasturbine und so den Fluss von russischem Gas zu behindern. Schröder, der nun als Verwaltungsratschef der umstrittenen Gas-Pipeline Nord Stream 2 fungiert, sagte dem stern und RTL/ntv: "Die Turbinen, die man braucht, um das Gas überhaupt in die Pipeline zu bringen, kommen von Siemens und müssen regelmäßig gewartet werden. Aber Siemens hat die gerade viel debattierte Turbine aus der Wartung in Kanada nach Mülheim an der Ruhr gebracht. Warum sie dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht."
PAID 32_22 Exklusiv-Interview Gerhard Schröder
Schröder sagte weiter: "Man braucht für den Betrieb der Pipeline fünf Turbinen. Eine muss immer in Reserve sein, für Notfälle, das ist russisches Gesetz. Nummer zwei war in Kanada und ist jetzt in Mülheim. Nummer drei ist kaputt und muss repariert werden. Nummer vier musste vorige Woche zur regelmäßigen Überprüfung. Turbine Nummer fünf arbeitet und pumpt pro Tag 30 Millionen Kubikmeter Gas. So kommen wir auf aktuell 20 Prozent der normalen Gasmenge in der Pipeline. Es wären schon 60 Millionen, also doppelt so viel, wenn nur Turbine Nummer 2 verfügbar wäre. Das liegt in der Verantwortung von Siemens, wenn ich das richtig sehe." Siemens Energy betont, dass sie den Fluss des Gases in der Nord-Stream-Pipeline nicht behindern und die Turbine jederzeit liefern könnten.
Auf die Frage, ob es Wladimir Putin nicht um die Drosselung von Gaslieferungen an Deutschland gehe, sagte der Sozialdemokrat: "Ich habe genau das natürlich auch gefragt bei meinem Besuch in Moskau. Aber die klare Antwort lautete: Es gibt keine politische Ansage des Kreml, den Gasfluss zu drosseln. Es handelt sich hier vorwiegend um ein technisches und bürokratisches Problem, übrigens eins auf beiden Seiten. Und eine Seite schiebt der anderen den Schwarzen Peter zu."