Von Tillmann Bauer
Mannheim. Kurioser Blick in die Vergangenheit: Das letzte Bundesliga-Heimspiel der Rhein-Neckar Löwen gegen den HSV Hamburg fand im Frankfurter Fußball-Stadion statt. 44.189 Menschen sorgten 2014 beim "Tag des Handballs" in der Commerzbank-Arena für den (bis heute geltenden) Zuschauer-Weltrekord bei einem Handballspiel. Witzig, aber kein Witz: Sogar Promis wie Oliver Pocher, Paul Panzer und Hans Sarpei waren beim Rahmenprogramm um dieses Mega-Event am Ball. Im Haupt-Akt freuten sich die Löwen dann über einen 28:26-"Heimsieg". Was für Zeiten!
Sieben Jahre später (beim HSV kamen Insolvenz, Abstieg und eine furiose Rückkehr ins Oberhaus dazwischen) war nichts mehr lustig. Am Donnerstag gab’s für die Löwen erstmals wieder ein Bundesliga-Heimspiel gegen Hamburg – und dabei für die Mannschaft von Ljubomir Vranjes eine verdiente 28:34 (16:18)-Niederlage gegen die Jungs aus der Hansestadt. Spötter würden sagen: Vielleicht war’s besser, dass diesmal nur 3220 Fans da waren.
"Ich bin unglaublich enttäuscht, wie wir aufgetreten sind", sagte Trainer Vranjes nach dem Abpfiff: "Das war nicht, wie ich es mir vorgestellt habe. Das war zu wenig."
Sehr wenig war auch das, was seine Torhüter hielten. Joel Birlehm (wurde nach 20 Minuten ausgewechselt und blieb mit Fieber in der Kabine) und Mikael Appelgren parierten im ersten Abschnitt lediglich zwei Bälle, deshalb durfte nach der Pause mit Nikolas Katsigiannis der dritte Torhüter zwischen die Löwen-Pfosten. Außerdem: Die Hamburger Angriffsformation um Philipp Bauer (früher bei der SG Leutershausen) fand immer wieder die Lücke am Kreis während sich die Badener gleichzeitig vorne zu viele Abspielfehler erlaubten. Satte sechs Minuten (13. bis 19. Minute) gab’s kein Löwen-Tor. Folgerichtig stand es nach 17 Minuten schon 10:6 für Hamburg.
Ein Lichtblick: Zumindest Juri Knorr (acht Tore) ließ sich nicht von schlechten Aktionen verunsichern und wurde von Minute zu Minute stärker. Der Mittelmann hielt die Löwen im Spiel.
Weil Hamburg aber konzentriert weiterspielte, plötzlich auch HSV-Keeper Johannes "Jogi" Bitter (insgesamt 14 Paraden) zum Faktor wurde und die technischen Fehler bei den Löwen nicht weniger, sondern mehr wurden, kann man dem Aufsteiger nur zu einem völlig verdienten Auswärtssieg gratulieren. Die Köpfe hingen bei den Löwen schon zehn Minuten vor Schluss, die Körpersprache war schlecht, man gab das Spiel fast vorzeitig auf. Alle waren enttäuscht.
Löwen-Coach Vranjes fand nach dem Spiel harte Worte: "Es war für mich ein schwarzer Tag. Das möchte ich nicht sehen. Das ist eine Frechheit. Und nicht von einem Spieler, sondern von vielen. Als Mannschaft ist das nicht in Ordnung. Wenn ich das sehe, was sehen dann die Zuschauer?"
Sie sahen das gleiche und waren sehr unzufrieden. Einige von ihnen pfiffen sogar. Das ging – schließlich war’s das erste Spiel seit zwei Jahren Pandemie ohne Maskenpflicht. An diesem Abend kam aber auch alles zusammen.
Löwen: Knorr 8/3, Zacharias 3, Schmid 2/1, Kirkelokke 2, Lagergren 3, Nilsson 3, Groetzki 1, Kohlbacher 2, Helander 3, Gislason 1.
Hamburg: Andersen 3, Schimmelbauer 1, Tissier 5, Weller 5, Mortensen 9/5, Forstbauer 5, Valiullin 1, Axmann 3, Bauer 2.
Strafminuten: Knorr 2, Nilsson 2 – Schimmelbauer 4, Axmann 2, Valiullin 2, Forstbauer 2, Theilinger 2.
Stenogramm: 2:1 (5.), 4:4 (10.), 6:8 (15.), 7:10 (20.), 11:13 (25.), 16:18 (Halbzeit), 18:20 (35.), 20:24 (40.), 23:26 (45.), 24:28 (50.), 25:31 (55.), 28:34 (Ende).
Zuschauer: 3220.