Christoph Offner
Sandhausen. Aufatmen beim SV Sandhausen. Es war eine schwere Geburt. Fast neun Monate hat es gedauert, doch dann war er endlich da: Das 2:0 (1:0) im Abstiegs-Gipfel gegen den FC Erzgebirge Aue, war – saisonübergreifend – der erste Heimsieg seit dem 16. Mai 2021 (2:0 gegen den SSV Jahn Regensburg).
"Klar, mir ist ein Stein vom Herzen gefallen", gab Alois Schwartz unumwunden zu. Der SVS-Trainer sah am Samstagmittag einen couragierten Auftritt seiner Schützlinge. "Dass es kein Leckerbissen wird, war von vorneherein klar", schmunzelte Schwartz. Das Geschehen der ersten 45 Minuten ist schnell erzählt. In der 2. Minute verhinderte SVS-Keeper Patrick Drewes bei einem Kopfball von Prince Osei Owusu mit einer starken Reaktion den frühen Rückstand. In der 40. Minute klärte Aue-Verteidiger Anthony Barylla einen Kopfball von Jubilar Aleksandr Zhirov – der Russe bestritt sein 100. Zweitliga-Spiel – mit dem Oberarm. Schiedsrichter Michael Bacher ließ zunächst weiterlaufen, bekam dann aber einen Wink aus dem Kölner Keller. Bacher schaute sich die Szene minutenlang an und entschied dann auf Strafstoß. Cebio Soukou übernahm gegen seinen Ex-Klub die Verantwortung – und blieb cool (44.).
Zwischen diesen beiden Szenen passierte nicht viel. Der SVS war spielbestimmend, tat sich gegen kompakt verteidigende "Veilchen" allerdings schwer, Chancen zu kreieren.
Der Sturmlauf der Sachsen blieb auch nach dem Seitenwechsel aus. "Wir haben sehr gut verteidigt, standen sehr stabil", lobte Schwartz. Bei der einzigen wirklich brenzligen Situation, die die Kurpfälzer zu überstehen hatten, hatten sie auch das nötige Glück. Die SVS-Defensive bekam nach einem Aue-Freistoß den Ball nicht geklärt, doch weder Dirk Carlson noch Owusu schafften es, die Kugel über die Linie zu bugsieren (56.).
Besser machte es Christian Kinsombi. Der 22-Jährige nahm es mit drei Gegenspielern auf, tankte sich in den Strafraum, scheiterte mit dem ersten Versuch noch an FCE-Torwart Martin Männel, ehe er beim zweiten Mal erfolgreich war (69.). "Das freut mich für den Jungen", sagte Schwartz: "Er hat seine Aufstellung mehr als gerechtfertigt."
Die "Energieleistung" (Schwartz) des starken Kinsombi war die Entscheidung im Duell des Drittletzten gegen den Vorletzten. "Damit haben wir ihnen den Stecker gezogen", sagte der Sportliche Leiter Mikayil Kabaca.
Einziges Manko an einer insgesamt überzeugenden Leistung: Die Chancenverwertung. Der Sieg im "Sechs-Punkte-Spiel" (Schwartz) hätte gegen schwache Gäste höher ausfallen müssen. Pascal Testroet (50. und 52.), Marcel Ritzmaier (64.), Kinsombi (67.), Erika Zenga (79./Pfosten) und Maurice Deville (90.+1) vergaben vielversprechende Möglichkeiten. Umschaltsituationen spielte der SVS oft zu unsauber und schlampig.
Am Dienstag (18.30 Uhr) steht das Baden-Derby beim Karlsruher SC an, am Sonntag (13.30 Uhr) gastiert der SVS beim Letzten FC Ingolstadt. Die Schanzer sendeten am Freitag ein eindrucksvolles Lebenszeichen, gewannen beim 1. FC Nürnberg mit 5:0 (3:0). Dennoch, betonte Schwartz, "können wir nun in diese wichtige Woche mit Selbstvertrauen gehen".
Erfreulich: Die Winter-Verpflichtungen Tom Trybull und Dario Dumic zeigten bei ihren Startelf-Debüts Führungsqualitäten. Trybull räumte vor der Abwehr ab, bewies ein gutes Auge und einen sauberen Spielaufbau. Dumic ließ in der Innenverteidigung nichts anbrennen, harmonierte gut mit Zhirov. Auch der eingewechselte Erich Berko deutete an, dass er mit seiner Geschwindigkeit helfen kann.
Dass die Neuen für Schwung sorgten, war für Kabaca, der nach dem erstaunlichen Winter-Schlussverkauf – acht kamen, vier gingen – in die Kritik geraten war, "keine Genugtuung". Aber, dass der SVS den Vorsprung auf den direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt auf fünf Punkte ausbaute, bescherte dem 45-Jährigen dann doch "große Erleichterung".
Aufatmen in Sandhausen, Aufatmen auch am Tegernsee. "Wenn ich manchmal im Auto sitze, und dann heißt es, Aue schießt ein Tor in Sandhausen. Dann denke ich mir, muss ich das jetzt wissen?", sagte Uli Hoeneß einst. Dieser Schreck blieb dem Ehrenpräsident des FC Bayern dieses Mal erspart.
Sandhausen: Drewes - Ajdini, Dumic, Zhirov, Okoroji - Trybull - Bachmann, Ritzmaier (71. Zenga) - Soukou (90. Kutucu), Testroet (71. Deville), Kinsombi (85. Berko).
Aue: Männel - Strauß, Barylla, Bussmann, Carlson - Jonjic (55. Trujic), Fandrich, Schreck (72. Hochscheidt), Zolinski (55. Kühn) - Nazarov, Owusu.
Schiedsrichter: Bacher (Amerang); Tore: 1:0 Soukou (44/Handelfmeter), 2:0 Kinsombi (69.); Zuschauer: 3200.
Update: Sonntag, 6. Februar 2022, 15.28 Uhr