Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Mit der Berufung von Susanne Bay (Grüne) durch Ministerpräsident Kretschmann in das Amt der Regierungspräsidentin ist einiges in der politischen Landschaft in Bewegung gekommen. Bay wird ihre bisherigen Mandate im Landtag, als Abgeordnete für den Wahlkreis 18, und im Stadtparlament (seit 2009) von Heilbronn aufgeben. Dort war sie als Fraktionsvorsitzende der acht-köpfigen Grünen-Fraktion durchaus "Mitspieler" in der Kommunalpolitik, dies auch angesichts einer großen Nähe zu Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD).
Damit ist auch ein Stichwort gegeben, das im Stadtgeschehen immer noch eine große, auch parteiübergreifende Rolle spielt: Gaffenberg-Connection. Viele der aus der örtlichen Kulturszene – das Gaffenberg-Festival war jahrzehntelang Kult – wie auch aus der evangelischen Jugend, den Anti-Atomkraft-Protesten und anderem hervorgegangene Protagonisten des Vereins finden sich heute in der Kommunalpolitik wieder – und dies in stets praktizierter Loyalität wieder über Parteigrenzen hinweg.
Genau dies könnte für Bay nun zu einer besonderen Herausforderung für ihr neues Amt werden, denn es beinhaltet auch eine Kontrollfunktion für die Gemeinden. Sie wird also ihre Nähe zu den Heilbronner Akteuren neutralisieren müssen, auch beispielsweise zu den auffällig zahlreichen Stiftungen der Stadt – hier wurde selbst dem Württembergischen Kammerorchester auf Wunsch einzelner Personen diese Rechtsform oktroyiert, gerade jüngst eine Beschwerde gegen die Bauverwaltung eingereicht. Es gab aber ganz schnell auch Stimmen, die meinten, Heilbronn und die Region würden von Bays bisherigem Engagement und den Kenntnissen daraus profitieren.
Dass dem nicht so sein wird, davon kann man ausgehen, das wird auch die eigene politische Klugheit nicht zulassen. Bay, die als ehrgeizig, hartnäckig und durchsetzungsstark gilt, erhielt wegen des auch von ihr getragenen Bündnisses aus SPD, CDU, Grüne, Freie Wähler und FDP zur Wiederwahl von OB Mergel Kritik auch aus der eigenen Partei. Nicht nur hier hatte man sie durchaus als OB-Kandidatin auf dem Zettel. Dass es dazu nicht gekommen ist, lässt darauf schließen, dass die Nachfolgeregelung für den noch amtierenden Regierungspräsidenten Wolfgang Reimer nicht von heute auf morgen entschieden wurde.
Im Landtag war Bay, Mutter von zwei Töchtern, unter anderem stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Sprecherin für Bauen und Wohnen, Vorsitzende des Arbeitskreises Landesentwicklung und Wohnen und stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Finanzen. Sie bezeichnet sich selbst auch als stark engagiert im sozialen Bereich, was auch auf ihre frühere Tätigkeit als Verwaltungsleiterin der "Offenen Hilfen" (für Menschen mit geistiger Behinderung) zurückgeht – diesen Job hat jetzt ihr Ehemann inne. Wichtig sind Bay auch die Themen Stadtentwicklung, Ökologie und Wirtschaft. Ihre Nachrückerin ist Gudula Achterberg (56), Diplom-Betriebswirtin, verheiratet und Mutter von zwei Söhnen, die mit ihrer Familie in Leingarten lebt, hier seit 2015 im Gemeinderat ist, sich vor allem im Bereich Schule und Bildung engagiert.
Noch spannender wird es in Bezug auf Bays Nachfolge im Gemeinderat, nicht nur beim Fraktionsvorsitz. Erste Nachrückerin nach der Stimmenzahl auf der Liste ist die Schauspielerin Angelika Hart. Sie war schon in der Ära von Intendant Klaus Wagner am Theater Heilbronn engagiert, das auch erfolgreich, hat dann aber, nicht als einzige, frustriert durch die Intendanz von Axel Vornam, aufgegeben und sich vielfältigen neuen, berufliche Herausforderung wie auch der Weiterbildung gewidmet.
Kulturell engagierte Stadträte gibt es in Heilbronner Gemeinderat in allen Fraktionen außer der AfD, Künstler dagegen keine. Von Hart kann man erwarten, dass sie auch diesen eine Stimme gibt.