Von Tim Kegel
Sinsheim/Kraichgau. Geht die Odyssee weiter? Oder können Tausende von Privat- und Firmenkunden im Großraum Sinsheim nach mehr als zwei Tagen wieder Festnetz-Telefon, Kabel-Internet und Fernsehen nutzen? So lauteten zwei der großen Fragen, die sich die Bevölkerung zwischen Kraichgau, Elsenztal und Kleinem Odenwald noch am Donnerstagmorgen stellte. Um Punkt 13.50 Uhr zeichnete sich dann die Erlösung ab: "Die ersten Kunden können das Vodafone-Netz wieder nutzen", hieß es von der Konzernleitung. Die Störung sollte bis spätestens 16 Uhr vollständig behoben sein.
Immer verwirrender wurde der Fall seit Störungsbeginn am 14. Dezember um 10.44 Uhr: Rund 5000 Kunden sollen laut dem Unternehmen betroffen gewesen sein. Und selbst als vereinzelte Anschlüsse schon wieder funktionierten, sprach die Vodafone-Störungskarte im Internet noch von 48 bis 72 Stunden bis zur Behebung der Störung. Einiges, jedoch nicht alles, klärte sich inzwischen auf.
Die Schadensstelle: Hatte man das offenbar "auf einer Länge von 100 Metern" zerstörte Kabel bis zuletzt in einem einsamen Feldgebiet bei Sinsheim-Steinsfurt verortet, hieß es von Vodafone am Donnerstagmittag, dass Kabel "im Bereich Sinsheim-Meckesheim" repariert würden. Verwaltungskreise hatten nach langem Warten inzwischen dasselbe Wissen: Dort wurde die Schadstelle auf einen Bereich an den Bahnschienen "zwischen Mauer und Bammental" eingegrenzt. Darauf gekommen waren Rathaus-Techniker, weil der Glasfaserstrang die Region "aus Mannheimer Richtung ansteuert". In IT-Kreisen hielt man die zunächst kommunizierte Stelle anhand der Störungslage für unlogisch. Der Vodafone-Geschäftskunden-Support bestätigte daraufhin die Örtlichkeit.
Zur Ursache ist nicht viel bekannt: Klar ist inzwischen, dass es sich nicht um einen Sabotageakt oder Diebstahl handelt. Dies bestätigte das Polizeipräsidium Mannheim. Es seien keine Belange des Staatsschutzes tangiert, und es sei keine Anzeige erstattet worden. Nach Schilderungen von Vodafone sollen Arbeiten im Umfeld der Bahngleise zum Schaden geführt haben. Es gibt Hinweise, dass es sich um Bagger-, aber auch um Mäharbeiten gehandelt haben könnte.
In Kreisen der zwischenzeitlich stinksauren Kunden – Dutzende Anrufe und E-Mails erreichten die Redaktion täglich und bis spät in die Nacht – wurde auch die Vermutung laut, dass vom Konzern "eine partielle Netzüberlastung in Kauf genommen" worden sei, was schließlich zum Ausnahmezustand geführt habe. Eine "Nicht-Informationspolitik" des Konzerns gegenüber Kunden und öffentlichen Stellen wurde hauptsächlich kritisiert: Erst nach hartem Nachfragen seien Informationen preisgegeben worden, die sich dann oft widersprochen hätten: Ein Nutzer will noch am Donnerstagmorgen erfahren haben, dass eine ungeklärte genehmigungs- und naturschutzrechtliche Situation die Behebung des Schadens um lange Zeit verzögere.
Privatkunden mussten zumeist mit einem automatisierten Störungsservice vorliebnehmen, bei dem es keinerlei verlässliche Zusatzinformationen oder Rückfragemöglichkeiten gibt. Dort hieß es noch am Nachmittag, als die meisten Sinsheimer Stadtteile schon wieder online waren, dass man es mit dem "Ausfall eines zentralen Verstärkerpunkts" zu tun habe, weshalb aufgrund des Ausmaßes "kein Zeitfenster" für die Behebung vorliege und man "nur weiter um Geduld bitten" könne. Noch weniger nutzerfreundlich lief es nur bei der Deutsche Bahn Kommunikationssysteme, die den Kabelstrang an Vodafone vermietet: Dort wurde auf Anfragen überhaupt nicht reagiert.
Zur Chefsache wurde die Störung am Donnerstag im Sinsheimer Rathaus erklärt. Einen "Skandal" hatte Oberbürgermeister Jörg Albrecht zuvor die Kommunikation der Konzerne genannt. Es könne "nicht angehen", dass betroffene Verwaltungen "auf Rückrufe warten" müssen. Die Störung ist für ihn "ein Lehrstück für die Zukunft".