Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. In ein "brisantes Thema, das viele bewegt", leitete Bürgermeister Hakan Günes in zurückliegender Gemeinderatssitzung ein. Dabei liest es sich auf der Tagesordnung eher unspektakulär und geradezu trocken: "Betriebsplan für das Forstwirtschaftsjahr 2022". Zugleich passt "trocken" im wörtlichen Sinne zu dem in der Folge Besprochenen: Mit Forstbezirksleiter Philipp Schweigler und Revierförster Robert Lang waren die für den Gemeindewald zuständigen Fachleute in die Festhalle gekommen. Sie gaben Einblick in den – insbesondere dürrebedingten – "katastrophalen Gesundheitszustand" des Forsts und beantworteten die teils kritischen Fragen der Ratsmitglieder. Dass die Kommune für das Waldjahr 2022 ein rekordverdächtiges Minus von 170.000 Euro einplant, wurde dabei schon fast zur Nebensache.
Zunächst verdeutlichte Schweigler die Ursache allen Übels mit einem Klimadiagramm der Jahre 1996 bis 2021: Die rote, für die Temperatur stehende Linie übersteigt dabei seit einigen Jahren deutlich die im Trend eher schrumpfenden blauen Niederschlags-Balken. Dabei wirke sich das trocken-heiße Klima nicht nur auf die dadurch absterbenden Kiefern aus. "Auch die Buche ist dabei, sich zu verabschieden", erklärte Schweigler. "Es bräuchte mehrere feucht-kühle Jahre, um einen Ausgleich zu schaffen." Dabei schränkte er mit Blick auf das "träge System" Wald ein: "Selbst bei einer kühl-feuchten Phase ab jetzt würde es noch lange dauern."
Offenbar auch um die immer wieder von Laien geäußerte Kritik über die Art der Waldbewirtschaftung zu erwidern, zeigte der Fachmann im Anschluss ein Foto aus einem sogenannten Bannwald der Schwetzinger Hardt: Auch hier, im völlig sich selbst überlassenen und unbewirtschafteten Forst, sterben zahlreiche Bäume ab. Woraus Schweigler schloss: "Unabhängig von der Bewirtschaftungsform erleben wir extreme witterungsbedingte Schäden."
Doch er gab auch einen Ausblick in die Zukunft, zumal Rathauschef Günes bekanntlich die Erarbeitung eines Konzepts für einen "Sandhäuser Zukunftswald" angekündigt hatte. Schweigler zeigte Klimakarten aus Südeuropa mit bisherigen Temperaturen, die aufgrund der globalen Erwärmung künftig auch in der hiesigen Region zu erwarten seien. Er erklärte, dass man von den dortigen Wäldern Rückschlüsse auf die Baumarten der Zukunft auch für den Wald der Hopfengemeinde ziehen könne. Eichen etwa könnten bald Kiefern oder Buchen ablösen. "Wir haben nicht vor, den ganzen Wald neu anzupflanzen", ergänzte Schweigler, "wir wollen überall kleine Inseln haben". Das Ziel sei, dass sich der Wald in 50 bis 70 Jahren selbst erhalte. "Die Kosten sehe ich daher auch nicht als Kosten, sondern als Investition in den Wald", was Günes mit zustimmendem Nicken quittierte. Allgemein erklärte Schweigler, dass die erst vor zwölf Monaten in diesem Gremium vorgestellte Zehn-Jahres-Planung für den Wald "sich schon wieder überholt" habe: "Wir arbeiten quasi auf ein bewegliches Ziel zu – wir wissen nur im groben Rahmen, was uns erwartet."
Näher auf die für 20222 geplanten Maßnahmen im Wald und den damit verbundenen Finanzplan ging Revierförster Lang ein. "Komplett abgestorbene Flächen haben wir angefangen, mit klimaresistenteren Baumarten zu bepflanzen", sagte er mit Blick auf Feldahorn und Baumhasel. Dies sei fürs nächste Jahr auch im Bereich der "Pflege Schönau" nahe der Autobahn A5 geplant, wo es abgestorbene Kiefern auf einem Hektar Fläche zu beseitigen gelte.
Über 63.000 Euro sind allein im Bereich "Kulturen" vorgesehen: "Wir müssen diese Anpflanzungen begleiten, also bewässern", so Lang. "Wenn es in Sachen Niederschlag wieder so ein tolles Jahr wird wie dieses, geht das Geld nicht in die Bewässerung, sondern in weitere Bepflanzung." Derweil "aktiv zurückzudrängen" seien invasive Arten: Nicht nur die Kermesbeere, sondern auch die Späte Traubenkirsche verbreite sich schlagartig und hindere junge Bäumchen am Wachsen. In diesem Jahr habe man hier schon 40 Hektar bearbeitet, wobei Lang auch an die couragierte Hilfe der Freiwilligen erinnerte.
Als "nächsten großen Posten" machte der Förster die Holzernte aus: 50.000 Euro Einnahmen erwartet man durch den Verkauf geschlagenen Holzes, jedoch auch fast 62.000 Euro Ausgaben für diese "sehr aufwendige Geschichte"; 1300 Festmeter sind vorgesehen. Insbesondere die Verkehrssicherungspflicht zwinge zum Einschlag, wobei: "Sehr viele dieser Bäume, die sich im Absterbeprozess befinden, versuchen wir noch zu halten – hauptsächlich, wenn es Laubbäume sind."