Im September haben in Russland die Wahlen zur Staatsduma der Russischen Förderation stattgefunden. Die Regierungspartei Einiges Russland, die die Politik des Kremls konsequent unterstützt und an deren Wahlkampagne sich der russische Präsident Wladimir Putin aktiv beteiligt hat, erhielt 324 von 450 Sitzen und hat damit die verfassungsmäßige Mehrheit in der neugewählten Duma erreicht.
In einem exklusiven Interview mit RT spricht der Parteichef und ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew über die indirekte Einmischung der US-Internetgiganten in die russischen Wahlen, Gegenmaßnahmen der russischen Regierung und die Doppelmoral internationaler Organisationen.
Nach den Angaben des russischen Ministeriums für Digitale Entwicklung wurden die Server der Zentralen Wahlkommission Russlands während der dreitägigen Abstimmung mehrmals angegriffen. Etwa die Hälfte der Cyberangriffe soll von den USA ausgegangen sein. "Ist dies kein Grund, eine Untersuchung einzuleiten?", fragt Medwedew diesbezüglich. Ihm zufolge ist es jedoch die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden und des Außenministeriums zu entscheiden, ob Ermittlungen wegen angeblicher Versuche einer Einflussnahme eingeleitet werden.
Der russische Ex-Präsident ist sich jedoch sicher, dass auch andere Staaten einschließlich der USA die Macht, die große Techunternehmen erlangt haben, kritisch sehen. Dabei verweist der Politiker darauf, dass die Tätigkeit der Internetgiganten oft nur ihren eigenen Unternehmensregeln unterliegen, wobei sie die Gesetze der Staaten, in denen sie tätig sind, ignorieren.
Als Beispiel einer Einmischung der Techgiganten in das politische Leben Russlands führte Medwedew die Verbreitung von Inhalten des Oppositionspolitikers Alexei Nawalny an. Dieser hatte sich dem Kreml und der Partei Einiges Russland gegenüber kritisch geäußert. Auch dem russischen Ex-Präsidenten sei der Account des Kremlkritikers auf Twitter als erste Empfehlung angezeigt worden. Dies beurteilte Medwedew als eine klare Einmischung:
"Sie sind zwar irgendwann der Forderung von Roskomnadsor nachgekommen und haben diese Tätigkeit eingestellt. Aber wann? Genau zu Beginn der Abstimmung. Davor drehte sich diese Maschinerie und propagierte Videos einer Person, die eine Strafe verbüßt."
Dem Chef der russischen Regierungspartei zufolge hätten die Techgiganten auf diese Weise versucht, "ihre politische Linie in einem für sie fremden Land durchzusetzen". Darauf müsse die russische Regierung entsprechend reagieren. Nach seiner Ansicht träfen auch andere Staaten einschließlich der USA und der EU-Mitgliedstaaten Maßnahmen, um diesem Einfluss der Digitalriesen entgegenzuwirken:
"Sie machen Geld in einem anderen Staat und pfeifen dabei auf seine Gesetze. Die Menschheit wird diesem Handeln nicht zustimmen. Ich bin mir dessen sicher, dass man eventuell solche Gesetze in fast allen Staaten der Welt verabschieden wird."
Außerdem warf Medwedew der Videoplattform YouTube Doppelmoral vor. Den neuen Regeln des Unternehmens zufolge werden Inhalte gelöscht, die die Legitimität und Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in den USA anzweifeln. Dasselbe gilt mittlerweile hinsichtlich der erst kürzlich stattgefundenen Wahlen zum Deutschen Bundestag. Medwedew wies darauf hin, dass dies für die Wahlen in Russland hingegen nicht gelte.
Der russische Ex-Präsident bezichtigte auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) einer von Doppelmoral geprägten Politik, da diese sich geweigert hatte, Beobachter zur Duma-Wahl zu entsenden. Nach Russland habe die Organisation 500 Experten entsenden wollen, während lediglich 30 Beobachter für die Wahlen in den USA abgestellt worden seien. Moskau habe gebeten, angesichts der geltenden COVID-19-Einschränkungen die Zahl der Experten zu reduzieren, worauf die OSZE mit einer kompletten Absage reagiert habe:
"Offensichtlich war dies eine voreingenommene Haltung. Man hat die Wahlen von Anfang an als nicht legitim diskreditieren wollen."
Im Juni waren in Russland die Anti-Korruptions-Stiftung und alle weiteren Organisationen Alexei Nawalnys als extremistisch eingestuft worden und mussten ihre Tätigkeit einstellen. Den Suchmaschinen Google und Yandex war es zudem verboten, für den Suchbegriff "Kluges Wählen" Ergebnisse anzuzeigen. Nawalnys Kluges-Wählen-Projekt zielte auf den Einzug alternativer Kandidaten in die russischen Gesetzgebungsorgane ab.
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