Nach fast vier Jahrzehnten gibt es neue Songs von Abba. Nicht für jeden ein Grund zur Freude. Denn die schwedische Band scheint der Musik nicht zu vertrauen - und setzt stattdessen auf die Kraft der alten Bilder.
Die Beatles haben der Versuchung so lange widerstanden, bis der Tod von John Lennon 1980 eine Wiedervereinigung unmöglich machte. So stehen die 13 zwischen 1963 und 1970 veröffentlichten Studioalben bis heute für sich - und den Fans bleiben die Fab Four als junge Menschen auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft in Erinnerung. Abba_Berlin_SChmitz 13.10
Auch Abba hätten es dabei belassen können. Ihr 1981 veröffentlichtes Album "The Visitors" gilt vielen Kritikern als ihr bestes und wäre ein würdiger Schlusspunkt gewesen. Das sahen die Musiker selbst lange auch so: Vor 20 Jahren sollen die vier Schweden die unglaubliche Summe von einer Milliarde Dollar für eine Reunion ausgeschlagen haben. Damals kamen sie jedoch zu dem Schluss, dass gerade in dem Verzicht auf ein Comeback das Geheimnis ihres Erfolges liege.
Doch nun haben es sich die Vier offenbar anders überlegt: Am heutigen Freitag haben sie zwei neue Songs veröffentlicht. Im November folgt ein Album, 2022 soll es dann Konzerte geben. Dort werden den Zuschauern allerdings nicht die echten Musiker geboten - sondern Avatare. Oder wie es in diesem Fall heißt: Abbatare.
Während Bands wie die Rolling Stones seit Jahrzehnten die Zuschauer an ihrem Verfall teilhaben lassen und gerade deshalb geliebt werden, entziehen sich Björn, Benny, Agnetha und Frida mit dieser Entscheidung genau diesem Prozess.
Auch das Video zu dem neuen Song "I Still Have Faith In You" enthält uns die vier Schweden vor - und liefert stattdessen Bilder aus alten Zeiten. So gerät der Clip zu einem nostalgischen Rückblick auf die großen Tage der Gruppe. Was textlich und musikalisch noch untermauert wird.
"Ich habe immer noch Vertrauen in dich", bedeutet der Songtitel übersetzt. In der Strophe heißt es: "Habe ich es noch in mir? Ich glaube es ist darin." Das Video straft diesen Glauben jedoch Lügen. Denn es verweist auf die Erfolge von gestern. So als könne die Musik von heute nicht für sich selbst stehen. Das ist schade, denn vor allem der zweite Song, "Don't Shut Me Down" ist sehr hübsch geworden und müsste sich nicht vor der Vergangenheit verstecken. Genauso wie Björn Ulvaeus, Benny Andersson, Anni-Frid "Frida" Lyngstad und Agnetha Fältskog gut gealtert sind und jeden Grund hätten, sich selbstbewusst im Hier und Jetzt zu zeigen.abba-interview 19.42h
Doch offenbar gab es bei den Musikern Zweifel, ob das reicht. Und so ist Abba beim Comeback auf Nummer sicher gegangen und versucht mit allen Mitteln, das Gefühl der guten alten Tage hervorzurufen. Als sie selbst und auch ihrer Fans noch jung waren.
Denn tatsächlich verbinden viele Hörer mit Abba-Songs Erinnerungen an die Zeit, als sie die Musik das erste Mal gehört haben. Ob das bei ihm auch so sei, wurde Benny Andersson vor einigen Jahren einmal gefragt.
Seine Antwort: "Nein, bei meiner eigenen Musik ist da nichts."