In Frankreich sollen künftig alle Frauen unter 43 Jahren eine künstliche Befruchtung vom Staat erhalten – egal, ob sie verheiratet, Single sind oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben.
Die IVF-Behandlung für alleinstehende Frauen und lesbische Paare zugänglich zu machen, war eines der Wahlkampfversprechen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Nun soll die Regelung in Kraft treten.
Das Gesetz war vor eineinhalb Jahren zunächst vom Unterhaus genehmigt, aber vom Senat abgelehnt worden, in dem die rechte Opposition die Mehrheit hat. Das Unterhaus, in dem Macrons "République en Marche" jedoch eine absolute Mehrheit haben, hat die Macht, sich über den Einspruch des Senats hinwegzusetzen. Bisher ist künstliche Befruchtung in Frankreich nur heterosexuellen Paaren erlaubt, die keine Kinder zeugen können. Die neue Regelung ist Teil des umstrittenen Bioethik-Gesetzes.
Die Nationalversammlung hatte dem Paragrafen in einer ersten Lesung bereits im Oktober 2019 zugestimmt. Nach intensiven Debatten ging er allerdings zurück an einen Sonderausschuss. Jetzt hat der Senat ein zweites Mal darüber entscheiden müssen. Gesundheitsminister Olivier Véran erklärte, dass das Gesetz bereits kommenden Monat in Kraft treten könne.
Insgesamt gaben 80 Abgeordnete der konservativen Opposition eine Erklärung ab, in der sie sagten, dass "die Regierung einen katastrophalen Mangel an Prioritätssinn zeigt", da die Pandemie noch lange nicht vorbei sei. Demonstranten aus konservativen und römisch-katholischen Gruppen protestierten vor der Nationalversammlung, als die Abgeordneten sich darauf vorbereiteten, die verzögerte Reform zu verabschieden.
Das Gesetz sieht im Kern eine künstliche Befruchtung für alle Frauen unter 43 Jahren vor. Sie sollen sich künftig auf Kosten der Krankenkassen bis zu sechs Mal künstlich befruchten lassen können. Damit sollen alleinstehende Frauen sowie lesbische Paare ein Recht auf die sogenannte medizinisch assistierte Fortpflanzung (PMA) erhalten.
Samenspender sollen fortan nicht mehr anonymisiert, sondern namentlich erfasst werden. Sie müssten demnächst grundsätzlich einwilligen, den künstlich gezeugten Kindern, sobald diese volljährig sind, Zugang zur Abstammungsakte zu ermöglichen. Für eine künstliche Befruchtung muss nicht mehr der medizinische Nachweis der Unfruchtbarkeit erbracht werden. Heterosexuelle Paare müssen auch nicht mehr nachweisen, dass sie mindestens zwei Jahre zusammenleben, ohne dass ihr Kinderwunsch erfüllt wurde.
Auch für lesbische Paare gibt es eine besondere Neuerung: In den Geburtsurkunden der Kinder können künftigen die Namen beider Mütter stehen. In Deutschland können zwei Frauen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft sind, nur durch eine Co-Adoption beide als Mütter anerkannt werden – ein Prozess, der mitunter über Jahre dauern kann.
Schätzungen zufolge reisen jedes Jahr etwa 3000 Französinnen, die nicht in einer Beziehung mit einem Mann sind, für eine IVF-Behandlung ins Ausland. Ein kleiner Teil geht ins Ausland, um eine Leihmutter zu engagieren, was in Frankreich verboten ist. Dies führte in der Vergangenheit zu großen Schwierigkeiten bei der Registrierung von Geburten.
Bis zum Jahre 2003 kamen in Deutschland die gesetzlichen Krankenkassen für vier volle Behandlungszyklen einer künstlichen Befruchtung auf, inzwischen werden nur noch drei zur Hälfte übernommen. Die restlichen Kosten müssen selbst getragen werden. Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist: Das Paar muss verheiratet sein, es dürfen ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden, beide müssen vor Behandlungsbeginn das 25. Lebensjahr vollendet haben.
Darüber hinaus darf die Ehefrau bei Beginn der Behandlung das 40., der Ehemann das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Zusätzlich muss der behandelnde Arzt das Paar zu einem Kollegen überweisen, der bestätigt, dass es eine Aussicht auf Schwangerschaft gibt. Gleichgeschlechtliche Paare bekommen keine Kostenerstattung von der Krankenkasse.
Quelle: "The Times","Die Zeit"