Schüler sollen in der Schule auf Corona getestet werden, erste Anläufe dazu haben begonnen. Doch die Lehrer sind entsetzt – gefährlich und unpraktikabel, lautet das vernichtende Urteil.
Flächendeckende Corona-Selbsttest an Schulen sollen das Infektionsrisiko senken und dazu beitragen, dass Schulen möglichst offen bleiben. Millionen solcher Schnelltests sollen dafür in den nächsten Wochen ausgeliefert werden. Doch unter den Lehrern regt sich Widerstand. Sie kritisieren die Organisation des Verfahrens und befürchten Gesundheits- und Verletzungsgefahren.
So üben beispielsweise Schulleiter in Niedersachsen Kritik an der dortigen Vorgehensweise. "Ich bin nicht geimpft, ich trage keine Schutzkleidung, soll aber im Klassenraum dabei sein, wenn sich 20, 25 Kinder selbst testen. Das kann doch nicht wahr sein", wurde ein Lehrer im NDR zitiert.
In Niedersachsen sollen die Schulen eine Woche lang das Verfahren mit den Selbsttests trainieren, bevor die Tests dann nach Ostern zur Regel werden sollen. Kultusminister Grant Hendrik Tonne hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die ersten 400.000 Testkits würden nun überwiegend an Schulen in Südniedersachsen ausgeliefert. Bis zu 1,2 Millionen weitere Selbsttests sollten in den kommenden Wochen folgen. Auch andere Länder wie Hamburg, hatten am Montag mit Selbsttest an Schulen begonnen.
Doch die Fragen, wie genau das Testen abläuft und ob es nicht vielleicht viel sinnvoller wäre, die Kinder zu Hause zu testen, bevor sie in die Schule gehen, bewegen viele Lehrer. Mehreren Medien zitierten Schulleiter und Lehrkräfte mit der Forderung, dass die Tests zu Hause statt in den Schulräumen stattfinden müssten. Dieses Verfahren hat sich laut dem NDR bei Grundschülern bewährt.
Schon am vergangenen Freitag war ein Schreiben einer Schulleitung aus der Region Hannover an Schüler und Eltern bekannt geworden, aus dem das Bildungsportal "News4Teachers.de" zitiert. Darin hieß es dem Bericht zufolge, Selbsttests könnten an dieser Schule erst beginnen, wenn die Bedenken bezüglich der Umsetzung ausgeräumt seien.STERN PAID Das ging schief - 1 Jahr Lockdown 10.32
Und diese Bedenken waren schwerwiegend: Was solle beispielsweise geschehen, wenn ein Schüler positiv getestet werde? Für die Betreuung solcher Schüler sei schlichtweg kein Personal vorhanden. Der Wunsch der Schulleitung sei es, den Schülern die Selbsttests mitzugeben, damit sie sich schon zu Hause testen.
Der NDR berichtet von einer weiteren Debatte zum Thema: So sei nicht in allen Schulen klar, was passiere, wenn sich ein Schüler mit dem Test-Wattestäbchen verletzt. Auch "News4Teachers.de" schreibt, die Lehrer sorgten sich, weil es kein fließendes Wasser in Klassenräumen gebe. Dies benötige man aber für Erste Hilfe.
Und in welchen Räumen positiv getestete Schüler isoliert werden sollen, sei vielfach auch nicht klar. "Wenn ich mehrere positiv getestete Schüler habe, sollen die in einem Raum zusammen warten? Was, wenn richtig positiv und falsch positiv getestete Schüler darunter sind, dann sind am Ende alle infiziert", sagte der Vorsitzende der Direktorenvereinigung (NDV), Wolfgang Schimpf, am Montag der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".
Er warnte zudem davor, dass sich die Lehrer großen gesundheitlichen Gefahren aussetzten, da sie ohne Schutzkleidung oder die Hilfe durch medizinisches Fachpersonal bei den Tests unterstützen müssten. Wenn die Lehrkräfte die Testergebnisse der Schüler ablesen, kämen sie diesen sehr nahe – allein hier sei schon die Ansteckungsgefahr groß.
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hält die Anweisung für Corona-Selbsttests in den Schulen sogar für rechtswidrig und schrieb deshalb einen Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU), in dem der Verband forderte, die Anweisungen des Kultusministeriums für die Schnelltests an Schulen müssten zurückgenommen werden. Vor allem müssten die Lehrer alle schnell geimpft werden, damit an Schulen überhaupt getestet werden könne, lautet eine der wichtigsten Forderungen aus dem Schreiben. Die Lehrer haben außerdem Bedenken, was den Datenschutz angehe – und kritisieren, dass Unterrichtszeit durch die Tests ausfalle.
Das Thema "Corona-Schnelltests an Schulen" ist somit noch lange nicht ausdiskutiert. Wie man in Bezug auf Kita-Kinder verfährt, dazu äußerte sich jetzt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Sie sprach sich dafür aus, auch die Kleinen verstärkt auf Corona zu testen. Genutzt werden sollten dafür nach Ansicht der SPD-Politikerin die neuen, einfachen Tests, in denen der Abstrich vorn in der Nase gemacht werden kann, wie es in einer Mitteilung ihres Ministeriums hieß.
Quellen: NDR, "News4Teachers", Niedersächsisches Kultusministerium, "News4Teachers"