Von Barbara Klauß
Mannheim. 2020 sei in vielerlei Hinsicht ein besonderes Jahr gewesen, erklärte Christina Johansson, Finanzchefin des Mannheimer Industriedienstleisters Bilfinger, bei der Bilanzpressekonferenz am Donnerstag. Gerade erst hat sie vorübergehend den Chefposten übernommen, nachdem Tom Blades das Unternehmen im Januar überraschend verlassen hatte – aus persönlichen Gründen, wie Johansson beteuerte. "Wir vermissen ihn", erklärte sie. Eine Strategie-Änderung aber sei mit ihr als Interims-Chefin nicht zu erwarten. Immerhin war sie an deren Entwicklung beteiligt. So sei sie motiviert, die Pläne weiter umzusetzen.
Der britische Manager Blades war 2016 angetreten, um den Traditionskonzern aus der Krise zu führen. Unzählige Zukäufe und Korruptionsskandale hatten Bilfinger ins Trudeln gebracht. Nach dem Verkauf des Tafelsilbers, dem Bau- und Immobilienservice, hatte er einen tiefgreifenden Konzernumbau eingeleitet. Übrig blieb der Industrieservice, also das Warten von Anlagen. Von verlustbringenden Geschäften trennte man sich.
Zwar kam das Unternehmen Johansson zufolge im vergangenen Jahr voran, konnte etwa Altlasten abarbeiten. So einigte sich das Unternehmen im Streit um Schadenersatz mit früheren Vorständen auf die Zahlung von fast 17 Millionen Euro. Zudem schloss Bilfinger mit der Stadt Köln einen Vergleich im Zusammenhang mit dem Einsturz des Stadtarchives 2009 während des U-Bahn-Baus, an dem Bilfinger beteiligt war. Bilfinger zahlt 200 Millionen Euro, die voll durch Versicherer abgedeckt werden.
Doch setzten die Corona-Pandemie und der zwischenzeitliche Ölpreisverfall den Industriedienstleister unter Druck. Umsatz und operatives Ergebnis gingen deutlich zurück. Unter dem Strich stand nur wegen eines Sondererlöses ein Gewinn.
Im Moment spüre das Unternehmen keine negativen Effekte aus dem zweiten Lockdown, erklärte Johansson. Auch gebe es keine Anzeichen dafür, dass Bilfinger erneut so stark getroffen werde könnte wie im zweiten Quartal. "Wir alle haben dazu gelernt", sagte sie. Für das laufende Jahr peilt Bilfinger wieder deutliche Zuwächse bei Umsatz und operativem Gewinn an. An der Börse kam das gut an: Die Aktie des SDax-Unternehmens legte um gut vier Prozent zu.
Zuletzt hatten immer wieder Übernahme-Gerüchte für Kursbewegungen gesorgt. Vor wenigen Tagen erst berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, der französische Konkurrent Altrad sei an Bilfinger interessiert. Zu Gerüchten äußere sie sich nicht, erklärte Johansson. "Wir konzentrieren uns auf unsere Pläne und darauf, die Situation für unsere Anteilseigner weiter zu verbessern."
Die Ergebnisse des vergangenen Jahres zeigten nun nicht nur die Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells, so Johansson, sondern dass Bilfinger auch deutliche Fortschritte auf dem Weg zu dem schlanken, agilen Unternehmen gemacht habe. So wurden 2020 etwa drei Gesellschaften verkauft. Zudem baute Bilfinger rund 4400 Stellen ab, vor allem in Nordamerika, Norwegen und Großbritannien. Auch in der Verwaltung in Mannheim gingen rund 70 Mitarbeiter.
Dank der Ergebnisse könne das Bilfinger die Dividendenkürzung des letzten Jahres wieder ausgleichen, erklärte Johansson. Für 2020 soll eine Dividende von 1,88 Euro je Aktie gezahlt werden. Im Vorjahr wurden wegen Corona nur 12 Cent je Aktie ausgeschüttet.
Dauerhaft will Johansson übrigens nicht auf dem Chefsessel bleiben. "Dafür bin ich viel zu glücklich als Finanzchefin", sagte sie. Sie werde den Posten übernehmen, bis es einen Ersatz gebe.
Update: Donnerstag, 11. Februar 2021, 21.08 Uhr
Bilfinger mit deutlichen Einbußen
Mannheim. (dpa) Die Corona-Pandemie und der Ölpreisverfall haben beim Industriedienstleister Bilfinger 2020 deutliche Spuren hinterlassen. Der Umsatz ging im Jahresvergleich um ein Fünftel auf knapp 3,5 Milliarden Euro zurück, wie das SDax-Unternehmen am Donnerstag in Mannheim mitteilte.
Operativ lief es noch schlechter. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) sackte um 81 Prozent auf 20 Millionen Euro ab.
Unter dem Strich wies Bilfinger dank eines Buchgewinns einen Überschuss von 99 Millionen Euro aus nach 24 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Das Geld stammt aus einer vereinbarten Erlösbeteiligung mit dem Investor EQT, der bereits 2016 die damalige Gebäudemanagement-Sparte von Bilfinger übernommen hatte und dann weiterverkaufte.
Für das laufende Jahr rechnet Bilfinger mit einem deutlichen Umsatzwachstum. Das bereinigte Ebita soll sich erheblich verbessern.