Österreich öffnet nach sechs Wochen Lockdown ab dem 8. Februar wieder alle Geschäfte. Allerdings gelten weiterhin scharfe Sicherheitsmaßnahmen. "Das Tragen von FFP2-Masken ist Pflicht", sagte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz am Montagabend. Zudem wird die Zahl der erlaubten Kunden im Handel deutlich verringert. Friseure dürfen zwar wieder Kunden bedienen. Für einen Termin bei den körpernahen Dienstleistungen ist aber ein negativer Test nötig, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.
Die Nachrichtenagentur dpa berichtet, dass auch die Schulen wieder in den Präsenzunterricht übergehen werden, teils allerdings in einem Schicht-System und mit umfangreichen Corona-Tests. Kurz twitterte dazu: "Alle Schülerinnen & Schüler werden bei Schulbeginn in der Schule getestet – diese Tests haben eine Gültigkeit von 48 Stunden." Auch Museen dürfen wieder besucht werden.
Die nächtlichen Ausgangssperren zwischen 20 und 6 Uhr bleiben aber bestehen, und die Gastronomie bleibt geschlossen. Zudem werden die Einreiseregeln verschärft, um nach Ansicht der Regierung möglichst die Verbreitung ansteckenderer Corona-Mutation zu verhindern oder zu verzögern. Pendler müssen nun an der Grenze nach den Worten von Gesundheitsminister Rudolf Anschober einmal in der Woche Corona-Tests vorweisen.
Bundeskanzler Kurz macht deutlich:
"Bitte verstehen Sie diese Lockerungen nicht als Entwarnung. Wenn die Zahlen steigen, dann werden wir sofort wieder verschärfen müssen. Wie lange das dauert, bis die Zahlen ansteigen – das hängt von uns allen ab und davon, wie wir uns verhalten – vor allem im privaten Bereich!"
Ursprünglich hatte die Regierung die Zahl von rund 700 Neuinfektionen am Tag als Ziel ausgegeben, um das öffentliche Leben wieder hochzufahren. In den vergangenen Tagen lag diese Zahl bei durchschnittlich etwa 1.300.
Mit der Lockerung reagiert die österreichische Regierung auf die massiven Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen am vergangenen Wochenende. In Wien demonstrierten am Sonntag trotz eines Versammlungsverbots nach Angaben des Innenministeriums rund 10.000 Menschen gegen den Lockdown. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Kurz verurteilt über Twitter die Demonstrationen:
Es gibt vermehrt Verstöße gegen die Maßnahmen. Damit gefährdet man sich nicht nur selbst, sondern vor allem auch andere Menschen. Mit der Erhöhung von Strafen möchten wir zeigen, dass es für eine Gefährdung von anderen keinen Platz in unserer Gesellschaft gibt!
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) February 1, 2021
Der Ministerpräsident der Steiermark Hermann Schützenhöfer formuliert:
"Wir wollen diesem Land, den Menschen Zuversicht geben."
Der Bürgermeister der Stadt Wien Michael Ludwig äußert über Twitter:
Mit den heutigen Entscheidungen nehmen wir Risiko: wir haben uns die Einschätzungen der ExpertInnen angehört - und sind gleichzeitig sehr nah an den Bedürfnissen der Bevölkerung. Zwischen diesen beiden Polen haben wir ein gutes Mittelmass gefunden./1 #CoronavirusAT
— Michael Ludwig (@BgmLudwig) February 1, 2021
Am 15. Februar will die Regierung erneut beraten. Dann gehe es darum, ob eventuell weitere Öffnungsschritte gegangen werden könnten: Die Gastronomie, die Hotellerie, alle Tourismusbetriebe und die Theater hoffen auf einen Start in die Saison 2021. Kanzler Kurz machte aber klar, dass bei einem exponentiellen Anstieg der Zahl der Neuinfektionen die Maßnahmen erneut verschärft würden. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt österreichweit bei rund 100 Fällen.
Von der österreichischen Opposition kommt Kritik an der Regierungspolitik. Beate Meinl-Reisinger, Vorsitzende der liberalen NEOS, äußert: "Das Gesundheitssystem steht nicht vor dem Kollaps", damit entfalle auch die Begründung für einen Lockdown. Die FPÖ forderte die Öffnung auch der Lokale und einen ausdrücklichen Verzicht auf einen weiteren Lockdown auch bei erneut steigenden Infektionszahlen. Die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner warnte hingegen vor einer dritten Welle, wenn man weit über die Schulen hinaus öffne.
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(rt/dpa)