Kein Land impft in einem solchen Tempo wie Israel. Im Podcast "Die Stunde Null" erzählt Grisha Alroi-Arloser, Geschäftsführer der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer (AHK) in Tel Aviv, wie es das Land geschafft hat, zum Vorreiter zu werden.
35 Prozent der Einwohner Israels haben bisher ihre erste Dosis des Corona-Impfstoffes erhalten. In Deutschland sind es weniger als ein Prozent. Für den Erfolg der Impfkampagne in Israel gebe es vier Gründe, sagt Grisha Alroi-Arloser im Podcast "Die Stunde Null. "Die israelische Regierung hat sehr schnell begriffen, dass die Impfung im Grunde der einzige wirklich gangbare Weg aus dieser Krise ist." Der Vertrag mit dem Hersteller Biontech/Pfizer wurde zeitgleich mit der EU im vergangenen November geschlossen – doch Israel war bereit, wesentlich mehr zu zahlen. "Das ist eine sehr, sehr gute Investition," ist Alroi-Arloser überzeugt.
Während das "Impf-Angebot für Alle" hierzulande immer weiter nach hinten verschoben wird, werden in Israel über 200.000 Menschen pro Tag geimpft. Ein zweiter Grund für diesen raschen Erfolg ist laut Alroi-Arloser das zentralistische Gesundheitssystem, das auf vier Krankenkassen basiert. "Sie haben eigene Krankenhäuser und sind deshalb auch selber an der Impfung und an der digitalen Ansprache der Versicherten beteiligt." Hinzu kommt eine groß angelegte Werbekampagne mit bekannten Persönlichkeiten, Geistlichen und Politikern sowie die Kooperation mit den Impfstoffherstellern. "Die Regierung ist bereit, anonymisierte Daten zur Verfügung zu stellen, um Aussagen treffen zu können über die Wirksamkeit und die Nebeneffekte," erklärt der AHK-Geschäftsführer im Gespräch mit Tanit Koch. PAID Es rumpelt beim Impfen 8.18 Uhr
Deutsche Bedenken zum Thema Datenschutz kann Alroi-Arloser, der in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen ist, zwar nachvollziehen. Er sagt aber auch: "In Deutschland wird es aus meiner Sicht teilweise total übertrieben. Dass teilweise postalisch Leute angeschrieben werden müssen, weil aus datenschutzrechtlichen Gründen die Kontaktdaten digital nicht genutzt werden dürfen, obwohl sie vorliegen, das grenzt an einen Schildbürgerstreich."
Wie auch hierzulande sind die Auswirkungen der Krise in Israel enorm. Die Infektionszahlen waren und sind hoch, die Arbeitslosenquote stieg zeitweise auf 26 Prozent, das Bruttosozialprodukt sackte ab. Doch das Land, das für seine High-Tech-Unternehmen bekannt ist, reagierte schnell auf die veränderten Anforderungen. "Tatsache ist, dass der Wachstumsmotor Israels, nämlich die High-Tech Branche, relativ wenig in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass die ausländischen Direktinvestitionen nur eine kleine Delle erfahren haben und dass die israelische Startup-Szene nach wie vor blüht." So könne die Krise auch eine Chance sein für gesamtwirtschaftliche Produktivitätsgewinne in der Zeit nach Corona.
Alroi-Arloser, der sich selbst als "Wundergläuber" bezeichnet, verweist auf die Geschichte des Landes, die von Hoffnung und Idealismus geprägt ist. Der Aufbau des Staates Israel war "nicht realistisch. Das war ein Wunsch, Glaube, das war ziemlicher Irrsinn," wie er im Gespräch sagt. "Wir sind eine moderne Gesellschaft, die unwahrscheinlich viele Probleme und unwahrscheinlich viele Spannungen hat. Das ist eine tägliche Herausforderung und ich glaube, obwohl wir natürlich viele Fehler machen, sie gelingt ganz gut."
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