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Landgericht Mannheim: Nutzte Pflegerin Demenz ihres Schützlings aus? (Update)

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Leidet der 98-jährige Senior aus Mannheim, dessen Pflegerin sich derzeit vor dem Landgericht wegen Untreue und versuchtem Betrug verantworten muss, an Demenz? Wollte er ihr Geld vererben oder wollte sie es sich aneignen? Der genaue mentale Gesundheitszustand des Mannes ist von erheblicher Bedeutung in dem Prozess. Die 63-jährige Pflegerin wird beschuldigt, zwischen Juni 2019 und Mai 2020 immer wieder Beträge von dem Konto des Mannes abgehoben haben, am Ende so gut wie täglich. Insgesamt handelt es sich um 45 Fälle mit Abbuchungen von jeweils 2000 Euro. Als die Angeklagte mit ihrem mutmaßlichen Komplizen, der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, versuchte, mit einer Schenkungsurkunde an weitere 20 000 Euro des betagten Mannheimers zu gelangen, wurde eine Bankangestellte misstrausch und rief die Polizei (die RNZ berichtete).

Die Frau schweigt weiterhin, der 47-jährige Mitangeklagte hat am ersten Prozesstag ausgesagt, bestreitet aber seine Mitwisserschaft und erklärt, er habe lediglich gedolmetscht. Die Angeklagte stammt – wie der Geschädigte – aus Polen und spricht nur wenig Deutsch. Sie kümmert sich seit circa 15 Jahren um den Senior, der ein Freund ihres verstorbenen Mannes ist. Seit etwa 2014 nahm der Betreuungsumfang erheblich zu, sodass die Angeklagte ihren Job als Schneiderin aufgab, um sich Vollzeit um den Mann zu kümmern. 2017 transferierte dieser sein Vermögen auf die Volksbank Sandhofen und gestand der Angeklagten eine Kontovollmacht zu.

Laut der Aussage des 47-Jährigen, der den Geschädigten allerdings nicht oft sah, soll dieser erheblich in seiner Mobilität eingeschränkt und schwerhörig sein. Das erklärt, warum er seiner Pflegerin eine Vollmacht gab. Denn da er kaum noch aus dem Haus ging, erledigte sie sämtliche Einkäufe und bezahlte Rechnungen. Von Gedächtnisverlust oder Verwirrtheit habe er nicht bemerkt, so der Mann.

Im Gegensatz zu den Personen, die den 98-Jährigen jetzt betreuen, allen voran sein behandelnder Arzt. Im Zeugenstand sagt er am Donnerstag aus, dass die Pflegerin ihm bereits bei einem Termin im Oktober 2019 von Verwirrtheit und Gedächtnisverlust berichtet hätte. Das könnte bedeuten, dass der Geschädigte unter Umständen gar nicht begriff, welche Tragweite das hat, als er im April 2020 besagte Schenkungsurkunde unterzeichnete.

Der Mitangeklagte erklärt, dass die Angeklagte ihm erzählt habe, dass der Senior ihr sein Geld vererben wollte. Das sagt auch der Sohn der 63-Jährigen aus. Er lebt in Polen, arbeitet aber in Deutschland und besuchte seine Mutter öfter am Wochenende. Dabei habe er ihr auch bei der Betreuung des Mannes geholfen, den er Opa nennt. Das sei auch am ersten Maiwochenende vergangenen Jahres der Fall gewesen. Er habe dem 98-Jährigen das Frühstück gemacht. Dieser habe ihn sofort erkannt und sich mit ihm unterhalten. Von Demenz-Symptomen habe er nie etwas gemerkt. Genauere Nachfragen der Sachverständigen, die den Prozess begleitet, gestalten sich aber schwierig – nicht nur, weil der Mann auf eine Dolmetscherin angewiesen ist. Er weicht aus, ergeht sich in Wiederholungen. Schließlich wird es der vorsitzenden Richterin zu bunt und sie weist den Zeugen darauf hin, dass er nicht aussagen muss, wenn er sich selbst oder seine Mutter belasten würde. Sollte er jedoch lügen, könne das schlimme Folgen haben.

Der Prozess wird am 17. Januar fortgesetzt. Dann sagt unter anderem die vom Gericht bestellte Betreuerin des Geschädigten aus, die seit der Festnahme der Angeklagten für den betagten Senior zuständig ist.

Update: Freitag, 8. Januar 2021, 19.40 Uhr


Bankangestellte war misstrauisch

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Sie soll das Vertrauen eines Mannheimer Seniors ausgenutzt und ihre Kontovollmacht dazu genutzt haben, regelmäßig vom Konto des 88-Jährigen hohe Geldbeträge für sich abzubuchen. Wegen Untreue und versuchtem Betrug muss sich eine 63-jährige Pflegerin seit Donnerstag vor dem Mannheimer Landgericht verantworten. Mit ihr ist ein 47-Jähriger angeklagt, der seine Mittäterschaft bestreitet und angibt, nur als Dolmetscher für die gebürtige Polin – eine Freundin seiner Frau – fungiert zu haben.

Die Angeklagte übernahm 2017 die Pflege des ebenfalls aus Polen stammenden Seniors, der ein Freund ihres verstorbenen Mannes war. Er hat in Deutschland keine Verwandtschaft, lediglich eine in Polen wohnende Nichte. Das geht aus der Aussage des Mitangeklagten hervor, da die 63-Jährige weder Angaben zur Sache noch zu ihrer Person macht. Seine Ehefrau habe die Pflege des Mannes übernommen, wenn die Angeklagte verhindert war.

Die Staatsanwaltschaft beschreibt folgendes Szenario: 2017 transferierte der Senior sein Vermögen, etwa 360.000 Euro, zur Volksbank Sandhofen. Dabei waren er und die Angeklagte bei einem Termin in der Bank. Die Frau erhielt eine Vollmacht für das Konto, die sie zu allem berechtigte, außer zur Kontoauflösung. Zwischen Juni 2019 und Mai 2020 soll die Frau immer wieder Beträge von dem Konto abgehoben haben, am Ende so gut wie täglich. Insgesamt handelt es sich um 45 Fälle mit Abbuchungen von jeweils 2000 Euro. Um sich den Restbetrag zu beschaffen, sollen beide Angeklagten im April 2020 eine Schenkungsurkunde über 200.000 Euro aufgesetzt und den eigentlich geschäftsuntüchtigen Senior dazu gebracht haben, das Dokument zu unterschreiben. Sie vereinbarten einen Termin bei der Bankfiliale. Die Kundenbetreuerin schöpfte jedoch Verdacht und rief die Polizei, die zum Termin in der Bank erschien und die Frau festnahm. Der Mitangeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er sagt aus, den Senior über die Angeklagte kennengelernt zu haben. Weil sie kaum Deutsch spreche, habe sie ihn gebeten, ihr bei behördlichen Angelegenheiten zu helfen und zu übersetzen.

Mitangeklagter bestreitet die Vorwürfe

"Damit mit den Dolmetschertätigkeiten alles seine Richtigkeit hat, habe ich eine Vollmacht geschrieben, die er unterzeichnet hat", so der Mann. Den Wortlaut habe er aus dem Internet. Auch bei Handwerkerarbeiten half er. So wechselte er eine Glühbirne und kaufte ein Fernsehgerät für den Mann, das er auch in dessen Wohnung anschloss. Bei diesen beiden Gelegenheiten habe er den Senior kennengelernt. Zudem fuhr er ihn einmal ins Krankenhaus.

Im April 2020 sei die Angeklagte auf ihn zugekommen und habe ihm gesagt, dass der Mann ihr sein Vermögen hinterlassen wolle. "Sie hat ihn jeden Tag rund um die Uhr gepflegt, da erschien mir das logisch", erklärt der Angeklagte. Daraufhin zog er einen Anwalt zurate, der eine Schenkung vorschlug und das Dokument aufsetzte. Dieses brachte der 47-Jährige der Pflegerin und übersetzte den Inhalt. Bei der Unterschrift durch den Senior sei er nicht dabei gewesen. Der Angeklagte machte telefonisch einen Termin mit der Bank aus. Er sei stets davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit habe, beteuert er. "Meine Frau und ich sind hilfsbereite Menschen, jetzt haben wir den Salat."

Die Bankkauffrau allerdings hatte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Sachverhalts. Sie ist als Zeugin geladen und sagt aus, dass sie nach dem Anruf das Konto des 98-Jährigen prüfte. Dabei fielen ihr die häufigen Abhebungen auf. Zuletzt seien täglich 2000 Euro abgehoben worden. Deshalb habe sie bei einer Abhebung die Aufzeichnungen der Kamera am betroffenen Geldautomaten gesichtet. Eine Frau und ein Mann, der nicht der Kontoinhaber war, seien zu sehen gewesen. Daraufhin habe sie die Polizei informiert. Bei dem Mann am Bankautomat könnte es sich um den Sohn der Angeklagten handeln, gegen den gesondert ermittelt wird.

Bei dem Banktermin dann die nächste Ungereimtheit: "Am Telefon hieß es, es geht um eine Überweisung von 100.000 Euro, dann gab man mir plötzlich die Schenkungsurkunde über 200.000 Euro", so die Zeugin. Als sie wegen des verdoppelten Betrags fragte, habe der Angeklagte ihr gesagt, sie könne ja seinen Anwalt anrufen. Dann kam die Polizei hinzu und nahm die Pflegerin fest.

Der Prozess wird am 7. Januar fortgesetzt. Das Urteil fällt am 28. Januar.

Update: Donnerstag, 17. Dezember 2020, 20.15 Uhr


Prozess gegen betrügerische Pflegerin und Mittäter begonnen

Es ist der Alptraum von Angehörigen und Betroffenen: Pflegerinnen nutzen die Gutgläubigkeit älterer Menschen nach Strich und Faden aus, um an ihr Geld zu gelangen. Ein solcher Fall kommt jetzt in Mannheim vor Gericht.

Mannheim. (dpa) Ein wegen versuchten Betrugs an einem gutgläubigen Senior angeklagter Mann hat vor dem Landgericht Mannheim alle Vorwürfe zurückgewiesen. Er sitzt seit Donnerstag auf der Anklagebank, weil er mit einer Bekannten einen von ihr gepflegten Senior ausplündern wollte - so die Staatsanwaltschaft.

Die Frau hatte den alten Mann seit 2017 gepflegt und eine Vollmacht und eine EC-Karte von ihm erhalten. Ohne das Einverständnis des heute 88-Jährigen hat die beschuldigte Pflegerin laut Anklage von Juni 2019 bis Mai dieses Jahres 45 Mal jeweils 2000 Euro und einmal 10 000 Euro abgehoben. Dafür muss sie sich wegen Untreue verantworten.

Mit dem 47-jährigen Bekannten soll sie im April 2020 beschlossen haben, über eine vermeintliche Schenkung des Opfers an dessen Restvermögen zu gelangen. (Az.: 4 KLs 501 Js 14523/20).

Dazu sollen sie Ende April 2020 einen Schenkungsvertrag über 200 000 aufgesetzt und den für sie erkennbar geschäftsunfähigen Mann dazu gebracht haben, diesen zu unterschreiben. Anschließend sollen sie einen Termin bei einer Sparkasse in Mannheim vereinbart haben, um die Überweisung des Geldes auf das Konto der Pflegerin zu veranlassen. Dort seien sie während der Vorbereitung der Überweisung durch die zwischenzeitlich von misstrauischem Bankpersonal verständigte Polizei festgenommen worden. Eine Bankangestellte berichtete vor den Richtern, wie die beiden ihr Misstrauen geweckt hatten.

Update: Donnerstag, 17. Dezember 2020, 16.30 Uhr

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