Von Christofer Menges
Eberbach. Weit draußen, zwischen Rockenau und Zwingenberg, zwischen Neckar und Wald, liegt idyllisch der kleine Weiler Krösselbach. Über mehrere Generationen hinweg wurde hier in einer Manufaktur Ton geformt und zu feiner Keramik gebrannt, zu den besten Zeiten von mehr als 20 Arbeitern. Die Töpferwerkstatt von Hanna und Alfred Schließler gibt es noch. Es soll sie auch noch ein Weilchen weitergeben. Doch die Zukunft von Krösselbach geben die Keramikkünstler in jüngere Hände, an die nächste Generation – und die hat ganze eigene Pläne, wie sie das weitläufige Anwesen mit dem über viele Jahre gewachsenen Gebäuderiegel am Fluss künftig nutzen will.
Veranstaltungs-, Schulungs-, Seminar- und Yogazentrum mit eigener Küche, Gastronomieevents, auch, im Garten, Schreinerwerkstatt, kultureller Treffpunkt: Die Möglichkeiten, die Krösselbach bietet, scheinen für die Ideen der jungen Generation geradezu ideal. Mitte nächsten Jahres soll es losgehen. Doch bis dahin gibt es noch viel zu tun.
Dort, wo die Küche einziehen soll, ist derzeit noch ein Lager, stehen Regale, laufen Rohre unverkleidet an der Wand entlang. Hier will sich Jonathan Schließler sein künftiges Reich einrichten. Der 33-Jährige ist gelernter Koch, hat dieses Jahr die Hotelfachschule und die Prüfung zum Betriebswirt im Gastgewerbe abgeschlossen. Gemeinsam mit seiner Partnerin Nina Reidel will er das neue Veranstaltungs- und Yogazentrum betreiben. Die 41 Jahre alte Diplom-Pädagogin hat sich 2014 als selbstständige Trainerin und Yogalehrerin in Eberbach selbstständig gemacht. Ein 90 Quadratmeter großer Raum unterm Dach über dem Keramikatelier soll für Schulungen und Yogakurse diesen Winter umgebaut werden: Für ein heimeliges Raumklima die Dämmung unter den Ziegeln mit Hanf, das Gebälk halb frei, der Wandputz mit Lehm, der Boden aus Holz.
Gruppen mit bis zu 30 Leuten sollen die Räume in Krösselbach künftig für Tagungen, Weiterbildungen, Seminare und Veranstaltungen mieten und nutzen können. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es bereits: In zwei Ferienwohnungen stehen bis zu 14 Betten bereit.
Den Gästen soll einiges geboten werden: Auf die Teller will Jonathan Schließler vor allem vegetarische und regionale Küche zaubern. "Ich nehme dann schon auch mal ein Stück Fleisch in die Hand, aber das muss dann Bioqualität haben", sagt der Koch. Dazu plant er saisonale gastronomische Events, auch mit Musik, die nach Anmeldung allen offen stehen sollen. Im Garten soll ein Pizzaofen gebaut werden. je nach Saison will er Kürbis- oder Spargelgerichte anbieten.
Die Lage zwischen Fluss und Wald lässt viel Spiel für über Seminare hinausgehende Aktivitäten von Kurs- und Tagungsteilnehmern: Paddeln auf dem Neckar, Kraxeltouren die steilen Hänge zur Burg Stolzeneck und zum Neckarsteig hinauf, der direkt am Haus vorbeiführende Radweg lädt zu Touren ein.
Musiklehrer und Geopark-Ranger Richard Köhler, der unter anderem in Hirschhorn Geländeexkursionen zum Teambuilding und Klangwanderungen anbietet, hat schon Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. "Wir haben, denke ich, ein ganz gutes Konzept", sagt Jonathan Schließler.
Seinen Bruder Claudius Schließler (31) zieht es mit seiner Frau Grisel Zapata ebenfalls in die Idylle am Neckar. Der studierte Produktdesigner will sich nach Abschluss seiner Meisterprüfung in Krösselbach eine Schreinerwerkstatt aufbauen und Massivholzmöbel fertigen – edle Einzelstücke und Kleinserien. Die Vermarktung soll auch online laufen. Auch er will bis Mitte nächsten Jahres so weit sein, dass er loslegen kann. Erste Interessenten an einem von ihm handgefertigten Bett gab es bereits am Wochenende bei der Herbstausstelung.
Die vierte Schließler-Generation in Krösselbach hat sich einiges vorgenommen. Die alte Keramikmanufaktur war nicht zuletzt wegen seiner regelmäßigen Ausstellungen schon immer Magnet für Kunsthandwerker und Künstler. Keramik soll dort weiterhin hergestellt werden – mit den neuen Ideen und dem frischen Wind der Jüngeren wird die Idylle am Neckar im Odenwald noch um einige Facetten reicher.