Bremen. Bremens Trainer Florian Kohfeldt, gut befreundet mit Julian Nagelsmann, hatte vorm Duell am Mittwochabend gegen 1899 Hoffenheim seinem Kollegen höchsten Respekt gezollt: „Sie haben jede Grundordnung, die ich kenne, schon gespielt und haben eine sehr hohe Variabilität.“ Nagelsmann hatte fast zeitgleich am Dienstag über 550 Kilometer weiter südlich die genau gleichen Worte für den SV Werder übrig. Beim Anpfiff war es dann genug der Lobhudelei, es ging von Beginn an rund. Doch nach 90 Minuten gab’s beim 1:1 (0:1) keinen Sieger.
Nagelsmann hatte erneut auf Kapitän Kevin Vogt verzichtet, der wieder nicht einmal im Kader stand, bot in der Dreier-Abwehrkette Ermin Bicakcic, Stefan Posch und Kasim Adams auf. Stürmer Adam Szalai durfte diesmal von Anfang an ran.
Die erste Riesenaufregung gab‘s in der zwölften Minute, Andrej Kamaric hätte frei die lautstarken einheimischen Fans zum Verstummen bringen müssen. Doch nix war’s und fast im Gegenzug machte es Bremens Osako nicht besser und traf nur das Hoffenheimer Außennetz (13.).
Dann knallte Kruse volley drauf, doch Adams rettete in höchster Not (16.). Hin und her ging’s, Pavel Kaderabek senste nach 26 Minuten über den Kasten von SVW-Torhüter Jiri Pavlenka. Glück aber für „Hoffe“, dass zwei Minuten später Johannes Eggestein nach einer 4:3-Überzahl der Gastgeber haarscharf links daneben zielte. Dann war es soweit für den ersten Treffer – und er fiel für den Dorfklub. Leonardo Bittencourt vollendete mit einem strammen und platzierten Schuss zum 0:1 (31.).
„Hand“ brüllten die 39.903 Werder-Getreuen unter den 40.003 Zuschauern im Weserstadion - und 100 weit gereisten Anhängern der TSG stockte nur kurz darauf der Atem, doch Schiedsrichter Markus Schmidt aus Stuttgart wollte das bei Adams nicht absichtlich erkannt haben (34.). Fast hätte Kramaric in den ersten Sekunden der zweiminütigen Nachspielzeit per Freistoß auf 2:0 für die Blau-Weißen gestellt, doch Pavlenka hielt mit einer tollen Parade die Grün-Weißen im Spiel.
„Ich will auf jeden Fall die gleiche Punktzahl wie letztes Jahr in der Hinrunde“, hatte Nagelsmann vorm Duell am Osterdeich die Marschroute ausgegeben. Ein Sieg reichte dafür vorm abschließenden Duell gegen die Mainzer am Sonntag (18 Uhr) aus – und es sah gut aus für die Hoffenheimer, ihre Punkteausbeute auf 26 zu erhöhen.
In unveränderter personeller Formation schickten Kohfeldt und Nagelsmann ihr Team beim Wiederanpfiff aufs Feld. Klar, dass die Heimmannschaft nun eine wahre Sturmflut losbrach und - die eigene Fankurve vor sich - wild entschlossen eine Angriffswelle nach der anderen rollen ließ. Kruse kam ein bisschen zu spät (48.) und auch auf den Sitzplätzen steht ein jeder Werderaner, wenn es im Fußball-Tempel mitten in der Stadt gilt, das eigene Team nach vorne zu peitschen. Nagelsmann brachte schnell Benni Hübner für Bicakcic und stellte auf eine Viererkette um (53.). Es brachte nichts.
Kaum getan, stellte Theo Gebre Selassie auf 1:1 (55.) und in der altehrwürdigen Arena gab es kein Halten mehr. Bremen lebt Werder – eine altbekannte Tatsache. Würde die TSG dem Stand halten können? Nach 65 Minuten stürzte der gerade eingewechselte Rashica im Strafraum, doch Schmidts Pfeife blieb wieder stumm. Wütende und ohrenbetäubende Schieber-Rufe nahmen eine gesundheitsgefährdende Lautstärke an.
Immer wieder zogen die Werderaner genauso ungestüm wie gekonnt in Richtung von Oliver Baumann los. Doch mehr als einmal bekamen sie das Spielgerät nicht mehr an dem TSG-Torwart vorbei. Auch Routinier Claudio Pizarro konnte daran nichts mehr ändern und erst recht nicht Rashica, der gleich zweimal die Riesenchance zum Sieg für Werder vergab (89., 90.+2).
Mit unbändigem Kampf und etwas Glück blieb es für die Schützlinge von Nagelsmann beim Remis. Und gelingt nun gegen den rheinland-pfälzischen Karnevalsverein ein „Dreier“, hätte Nagelsmann seine Vorgabe erreicht und mit seiner Mannschaft sogar einen Zähler mehr auf der Habenseite als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.
Bremen: Pavlenka - Gebre Selassie, Langkamp, Moisander, Augustinsson - M. Eggestein - Möhwald, Klaassen (63. Rashica) - Osako (86. Pizarro) - J. Eggestein (78. Kainz), M. Kruse.
Hoffenheim: Baumann - Adams, Posch, Bicakcic (53. Hübner) - Kaderabek, Bittencourt (53. Grillitsch), Demirbay, Schulz - Kramaric - Joelinton, Szalai (66. Nelson).
Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)
Tore: 0:1 Bittencourt (31.), 1:1 Gebre Selassie (57.)
Zuschauer: 40.003
Beste Spieler: Gebre Selassie, Kruse/Posch, Schulz.