Von Hans Georg Frank
Heilbronn. Am Grund für seinen Rauswurf hatte Kevin F. (31) nichts auszusetzen. Der Erzieher hatte kinderpornografisches Material gehortet, außerdem wurde er wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern angeklagt. Aber weil der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Heilbronn bei der fristlosen Kündigung wohl ein formaler Fehler unterlaufen war, klagte er vor dem Arbeitsgericht.
Als die ersten Vorwürfe gegen den allseits beliebten und geschätzten Erzieher bekannt geworden waren, wurde die Dimension des Falles allem Anschein nach völlig falsch eingeschätzt. Mit dem Leiter eines Kindergartens, der seit 1. Oktober 2010 auf der Gehaltsliste stand, wurde am 18. Januar 2018 ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Demnach sollte er von der Arbeit freigestellt, aber bis 31. August dieses Jahres bezahlt werden - monatlich 3000 Euro.
Als F. auch den Missbrauch mindestens eines Jungen gestand, reichte die Kirchenleitung zwei fristlose Kündigungen nach. Davon erfuhr der mittlerweile verhaftete Mann in der Justizvollzugsanstalt. Die Kammer des Heilbronner Arbeitsgerichts hielt die Kündigung für gerechtfertigt. "Es ist der evangelischen Kirche unzumutbar, einen Kindergartenleiter weiterzubezahlen, der den sexuellen Missbrauch zugegeben hat", erklärte die Richterin Karin Stapelfeldt am Mittwoch.
Allerdings habe der stellvertretenden Dekanin Susanne Härterich die Vollmacht für diese schriftliche Mitteilung gefehlt. Deshalb sei die erste Kündigung vom 20. März unwirksam, lautete das Urteil der Kammer. K. habe jedoch die zweite Kündigung vom 17. April zu akzeptieren, weil er sich zu spät dagegen gewehrt habe. Demnach habe K. den Anspruch auf Bezahlung eines Monatsgehalts, sagte Gerichtssprecher Frank Bantle. Allerdings müsse dies in einem separaten Verfahren eingeklagt werden, falls die Kirchengemeinde nicht von sich aus bezahle.
Davon ist kaum auszugehen. "Mit dem Aufhebungsvertrag war ich gar nicht glücklich", erklärte Vize-Dekanin Härterich am Rand der Verhandlung. Sie habe überhaupt nicht verstehen können, "dass man einen Erzieher mit diesen Verdachtsmomenten nicht sofort abzieht". Kevin F. hatte seine Arbeit zunächst fortsetzen können, obwohl die Kirchenleitung bereits Anfang September 2017 von den Ermittlungen wegen Besitzes von Kinderpornos informiert wurde. Dabei war F. bereits im März 2016 von einem verdeckten Ermittler ertappt worden.
Das Landgericht Heilbronn hatte den geschassten Erzieher am 28. September zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Er hatte sich im Prozess stets kooperativ und geständig gezeigt. Dennoch blieben Zweifel, ob er - wie behauptet - tatsächlich alle Karten auf den Tisch gelegt hat. Weil auch nach der Anklageerhebung mehrere Anzeigen von Eltern eingegangen sind, ermittelt die Staatsanwaltschaft weiter, wie Pressesprecherin Bettina Jörg auf Anfrage bestätigte: "Es geht um sexuellen Missbrauch von Kindern." Mit einem Abschluss sei vermutlich im ersten Quartal 2019 zu rechnen.