Von Micha Hörnle
Heidelberg. Dass die evangelische Kirche finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet ist, ist nicht neu. Der Hauptgrund der Misere sind schrumpfende Gemeinden. Oft braucht die Kirche viele Immobilien nicht mehr, oder wie es Steffen Jooß von der Kirchenverwaltung bei der Tagung der Stadtsynode auf den Punkt brachte: "Der Bestand ist zu groß, es gibt einen Sanierungsstau, und es sind keine Substanzerhaltungsrücklagen gebildet worden."
Daher will die Stadtkirche etliche Gebäude loswerden. Generell soll alles in Erbpacht gegeben werden, sodass im Grunde die Kirche zwar verkauft, aber doch Eigentümer bleibt. Bisher wird es in zwei Fällen konkret: das Gemeindehaus auf dem Emmertsgrund - das soll sogar "richtig", also ohne Erbpacht, veräußert werden - und das Pfarrhaus in der Wilhelmstraße (Weststadt). Wie Jooß erläuterte, sollen die Verhandlungen noch dieses Jahr abgeschlossen werden, Einzelheiten nannte er nicht. Nachfragen der RNZ beantwortete die Stadtkirche am Montag nicht. Zumindest um die Emmertsgrund-Immobilie gab es vor zwei Jahren eine heftige Debatte: Hier war ein "Ideenhaus für frühkindliche Bildung" mit Wohnungen, Bildungsstätte und Kindergarten vorgesehen, gegen das es im Stadtteil Widerstände gab: Vielen erschien die erste Planung eines Investors zu voluminös, der Neubau hätte die freie Sicht zur Rheinebene verstellt.
Ansonsten möchte die Kirche diese Objekte in absehbarer Zeit loswerden: das Gemeindezentrum in der Heinrich-Fuchs-Straße (Rohrbach), das Hermann-Maas-Haus, die Kita in der Hegenichstraße, das Pfarrhaus in der Oberdorfstraße und ein Wohnhaus in der Oberen Seegasse (alle Kirchheim). Mittelfristig will man sich überlegen, was aus dem Gesamtareal Schmitthennerhaus in der Altstadt (wozu auch die Obere Neckarstraße 20 zählt) werden soll. Schon jetzt steht fest: Die Dienstwohnung des neuen Dekans wird nicht mehr hier sein, sondern im renovierten Schlierbacher Pfarrhaus. Die Räume im Schmitthennerhaus sollen zu ortsüblichen Preisen vermietet werden.
Auch im Norden Heidelbergs tut sich etwas, auch wenn man noch nicht genau weiß, was: Für Neuenheim, wo die Fusion der Gemeinden noch nicht besiegelt ist, zeichnet sich ab, dass, wie schon mehrfach berichtet, das Gemeindehaus "nicht zu halten ist" (Jooß). Eine alternative Nutzung des Gebäudes gibt es noch nicht: Es als Hochschule für Kirchenmusik herzurichten - sie ist momentan noch im Providenzgarten geplant - käme nach Angaben von Oberkirchenrat Matthias Kreplin zu teuer. Auch die Zukunft der Tischbeinstraße in Handschuhsheim mit Kindergarten und Pfarrerwohnung ist noch offen.
Das zweite Sorgenkind der Kirche sind die Kindergärten, hier gibt es jedes Jahr ein Defizit von einer halben Million Euro. Deshalb schloss oder schließt sie kleine, also ein- oder zweigruppige Einrichtungen: die Remise am Schmitthennerhaus (Altstadt), die "Schatzkiste" im Forum 3 (Emmertsgrund), den Markus-Kindergarten (Südstadt) sowie den im Lindenweg (Rohrbach, beide im Sommer 2019) und schließlich den der ehemaligen Blumhardt-Gemeinde (Kirchheim, Sommer 2020).
Einerseits bemüht man sich um mehr Einnahmen - wie eine eine höhere Förderung der Stadt. Andererseits forciert die Kirche ihre Sparanstrengungen: So sind die Kosten für die Hauswirtschafts- und Reinigungskräfte zu hoch: Entweder müsse neu ausgeschrieben oder nachverhandelt werden, so Jooß. Wie prekär die Lage dennoch ist, belegte er mit einem Zahlenbeispiel: Dank einer Sonderzahlung der Stadt ist das Kindergartenbudget mit 70.000 Euro im Plus - aber das kommt nur daher, dass viele Stellen wegen des Erziehermangels nicht besetzt werden können. Sonst gäbe es hier ein Defizit von 250.000 Euro. Auch beim Essensgeld klafft eine Lücke von 35.000 Euro, und auch eine Substanzerhaltungsrücklage von knapp 120.000 Euro wurde nicht erbracht. Mit einem Wort, so Jooß: "Sanierungsstau."