Von Micha Hörnle
Elf "Schüler", eine Trainerin, ein ADAC-Fahrsicherheitszentrum und eine RNZ-Sommertour. Und das ist die Bilanz eines langen wie lehrreichen Tages.
> Was man lernt: In Iris Hemmingers Intensivkurs - er dauert von 8 bis 17 Uhr - lernt man, wie Autofahrer auf Nässe, Schnee oder unerwartete Hindernisse reagieren. Im ADAC-Fahrsicherheitszentrum in Kirchheim (unweit der A 5) werden solche Situationen simuliert. Dazu gibt es erst Slalomfahrten, dann einen Bremstest auf regennasser Fahrbahn. Doch der Höhepunkt ist das Fontänenfeld: Da schießen die Wasserstrahlen in die Höhe, vor denen man ausweichen muss. Ganz besonders fies ist die Schleuderplatte: Sie zieht das Hinterteil des Wagens ruckartig nach rechts - als wenn ein Reifen platzen würde. Und zum Lohn muss man auch noch mit der Wasserwand kämpfen. Ganz ehrlich: Nach über neun Stunden ist man total kaputt.
> Was die Sommertouristen erwarteten: Reinhard Gabel aus Bad Rappenau, Hartmut Hoffmann aus Hüffenhardt oder Heinz Ebert aus Plankstadt wollten erfahren, wie man in Gefahrensituationen sein Auto abfängt. Matthias Jäger aus Dossenheim wüsste gern, wie man auf unerwartete Hindernisse reagiert. Ilona Böhle aus Billigheim interessiert, wie man mit regennassen Straßen zurechtkommt - und ich behaupte überaus keck, ich sei hier, um zu erfahren, wie man aus einem sehr guten Autofahrer einen vollkommenen macht.
> Die Gruppe: Sechs Frauen und fünf Männer aus dem RNZ-Verbreitungsgebiet, von Plankstadt bis Bad Rappenau, von Hirschberg bis Rauenberg. Es geht ausgesprochen freundschaftlich zu, gerade bei denen, die Trainerin Hemminger zu Fahrertandems zusammengefügt hat. Meine "Partnerin" ist Gabriele Grieser, mit der man viel lacht. Die 68-jährige Heidelbergerin nimmt die Widrigkeiten der Schleuderplatte gelassen: "Heit lern’ isch des nimmäh!"
> Welche Autos vorfuhren: Es war alles da, vom Volvo-SUV (eine Mischung aus Geländewagen und Limousine) über einen kleinen Skoda Fabia bis hin zum Beinahe-Oldtimer, einem 2er-Golf von 1991. Der hatte als einziger kein ABS oder ESP samt ASR - und war doch der coolste Wagen auf dem Gelände. Erstbesitzerin Gabriele Grieser aus Heidelberg würde sich um nichts auf der Welt von ihm trennen. Kuriosestes Fahrzeug war übrigens meins, ein 18 Jahre alter BMW Z 3: Denn bei den ganzen Wasserfontänen tropfte es ständig durch das Verdeck, insgesamt wurden vier Handtücher nass - und ohne Gabriele Grieser wäre die Beifahrerseite unter Wasser gestanden. Der Feind war eindeutig das Wasser und nicht die Schleuderplatte. Es gab aber noch ein zweites Cabrio: Ilona Böhle mit ihrem 1er-BMW. Aber das ist elf Jahre jünger und in ihn regnet es nicht rein.
> Die Trainerin: Iris Hemminger ist eine Art Naturgewalt. Nicht nur, dass sich alle sofort duzen (müssen), Hemminger gibt sich auch keine Sekunde Mühe, ihre schwäbische Herkunft auch nur etwas zu kaschieren. Sie hat das, was man wohl eine "Schwertgosch" nennt, aber sie hat ein Herz aus Gold - und kann wirklich etwas. Manchmal reicht es, dass sie sich auf den Fahrersitz setzt und einem zeigt, was zu tun ist. So war das auch bei Gabriele Griesers altem Golf, der sich im Wasserfeld ständig um die eigene Achse drehte. Grieser verzweifelte fast, dann fasste sie sich ein Herz und fragte Hemminger, ob sie denn nicht ans Steuer wollte. Sie wollte, hatte nach der Schleuderplatte in Nullkommanix den Wagen wieder in der Spur - und dann schaffte es Grieser beim nächsten Mal auch. Aber Hemminger kann auch streng sein: Wehe, Heinz Ebert lehnt seinen linken Arm lässig an die Fahrerfensterkante, statt mit beiden Händen beherzt das Lenkrad zu umfassen. Dann knarzt es bedrohlich aus dem Funkgerät, das jeder bei sich hat: "Aba Hoinz, i hab’s Dir doch grad erschd gsait ..."
> Wie sich die Teilnehmer schlugen: Manche, wie Heinz Ebert oder Melanie Abt aus Rauenberg, fahren über die Schleuderplatte, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Die Männer sind im Allgemeinen wagemutiger und drücken auch gern mal aufs Gaspedal, doch das ist nichts für Gabriele Grieser: "Ich bin eher eine Vorsichtige. Und ich hatte noch nie eine Vollbremsung." Die meisten (siehe Kasten links) haben viel dazugelernt - und sei es nur der Respekt vor unerwarteten Situationen. Das gilt auch für mich - und von einem vollkommenen Autofahrer bleibe ich meilenweit entfernt.
> Sollte man solch ein Fahrsicherheitstraining machen? Unbedingt, aber nur mit Iris Hemminger als Trainerin und Gabriele Grieser als Beifahrerin.