Von Birgit Sommer
Heidelberg. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit entstand am Rande der Bahnstadt eine originelle Location für Veranstaltungen und Seminare: das Betriebswerk. Es hat die gleichen "Väter" und Vermieter wie der östlich davon gelegene "Tankturm", die Architektengemeinschaft Loebner, Schäfer, Weber.
Und es ist ebenso ideenreich gestaltet - aber ein bisschen rauer im Charakter. Schließlich sind die Architekten hier nur Mieter der Entwicklungsgesellschaft Heidelberg (EGH) und müssen ihr Werk im Zweifelsfall wieder zurückbauen können.
Schon mit den Räumen im Tankturm haben die drei - neben ihren Büros für 30 Mitarbeiter und dem Platz für das "Klangforum Heidelberg" - ein Ambiente für Schulungen, Seminare und Workshops geschaffen, das fantasievoller und anregender sein sollte als die üblichen Nebenzimmer in Hotels. Das ist so gut gelungen, dass sie im Sommer letzten Jahres ganz schnell eine Erweiterung brauchten. Denn im Tankturm wollte ein internationales Unternehmen sein gesamtes Führungspersonal an einem einzigen Ort schulen: 1800 Gäste kamen in 50er-Gruppen zu Drei-Tage-Workshops.
Was dann im Betriebswerk innerhalb weniger Wochen entstand, ist bewundernswert und war nach den Worten von Architekt Stephan Weber "nur möglich durch ein unglaubliches Engagement der beteiligten Handwerker".
Ein Gebäude des Komplexes aus den Zwanzigerjahren ist damit in die Gegenwart geholt - ein zweites wird vom Verein "Werkstattschule" genutzt -, doch noch viel mehr wartet auf Sanierung, Abriss, Neugestaltung. So sind beispielsweise in zwei weiteren Bauten 39 Obdachlose untergebracht, weshalb im Betriebswerk auch keine lauten Musikveranstaltungen bis in die Nacht möglich sind.
Ein ehemaliges Büro der Bahnverwaltung ist nach Ansicht der Architekten nicht mehr zu retten. Das Stelenfeld im Osten, einst zwei von Holzkonstruktionen mit Glasoberlicht gedeckte Hallen, könnte vorerst einfach nur einen spannenden Kontrast zu den renovierten Gebäuden bilden.
Wo die Dampfloks zur Reparatur in das Betriebswerk einfuhren, befinden sich heute drei Seminarräume in schalldichten Spezialglasscheiben. Auch hier bleiben die Architekten im Bild: "Wir haben einen schwarzen Zug hier reinfahren lassen", sagt Weber. Dass auch das Heidelberger Klangforum hier gelegentlich probt, erkennt man am großen schwarzen Flügel in einem der hellen Innenräume.
200 Besucher finden Platz im Saal, in dem sich früher die Maschinenhalle befand. In der ehemaligen Meister-Butze, heute ebenfalls schwarz gestrichen, hat der Caterer seinen Bereich; nebenan betreibt er die Bar.
Blickfänge sind ein moderner offener Stahlkamin und - als eine ganz andere Anmutung - eine barocke Heiligenfigur, die die Stirnwand ziert. Die Insignien fehlen ihr, doch es könnte leicht die Heilige Barbara sein, die Schutzherrin der Bauleute, Feuerwerker und Zahnärzte.
Mit relativ einfachen Mitteln wurde die ehemalige Schlosserei nebenan zum Tagungsraum für 85 Personen. Eine Infrarotheizung auf Gas-Basis wärmt hier. Im Sommer kann der Innenhof mit seinen Tischen und Stühlen zum Außenzimmer werden. An seinem Ende wurden die WC-Container platziert. Zwei weiterführende Flügel des alten Betriebswerkes sind derzeit nicht zu nutzen.
Wie schon im Tankturm ist es den Architekten wichtig, ein Ort für die bildende Kunst zu sein, wie es Armin Schäfer ausdrückt. So passen die geschmiedeten "Sitzkissen" im Saal, Stahlarbeiten des in Frankreich lebenden Tiroler Bildhauers Markus Strieder, perfekt zum Betriebswerk. Und in den Seminarräumen ging soeben eine Ausstellung von Grafiken des Heidelberger Architekten Hannes Hübner zu Ende.
Natürlich sind die Fenster alt, das Dach nicht isoliert. "Für eine endgültige Lösung müssten wir das Gebäude noch mal in die Hand nehmen", weiß Stephan Weber, "wir haben aber schon Ideen, was man daraus machen kann".
Info: Da wenig über die Geschichte des Bahnbetriebswerkes bekannt ist, freuen sich die Architekten über entsprechende Informationen: Telefon: 06221/1324-0, Fax: 132424, E-Mail: info@architekten-ag.de