Von Stefan Kern
Oftersheim. Am Spargelhof Gieser in Oftersheim sieht man: unaufhaltsam scheint der Klimawandel voranzuschreiten. Denn dieser Spargelhof hat sich in gewisser Weise auf gen Süden gemacht. Nicht dass Christian Gieser und seine Lebensgefährtin Sabrina Moras ihren Hof geografisch nach Süden verlagert hätten. Vielmehr scheint es so, dass der Süden langsam in den Norden wandert.
"Der Klimawandel ist von uns Menschen hier im globalen Norden bisher nicht wirklich zu spüren. Aber auf dem Acker können erste Auswirkungen beobachtet werden", erklärt Gieser. Der Beweis steckt im Boden: Sein Melonen- und Artischocken-Anbau wäre noch vor zehn Jahren kaum denkbar gewesen. Was bisher nur am Mittelmeer wuchs, gibt es nun auch in Oftersheim. Und das sei ein untrügliches Zeichen dafür, dass es insgesamt wärmer wird.
35 Hektar bewirtschaften Gieser und Moras. Und natürlich bauen sie zum Großteil Zuckerrüben, Weizen, Gerste, Spargel und Mais an - diverse Gemüsesorten, die man kennt. Aber vor wenigen Jahren begann der 37-jährige Gieser über ganz neue Ackerfrüchte nachzudenken.
Zu den Melonen kam er über seine Kinder. Der vierjährige David und sein zwei Jahre alte Bruder Jakob sind nämlich Melonenfans, und so entschied er sich dafür, den Anbau dieser mediterranen Pflanzen einfach einmal auszuprobieren. Seine Wahl fiel auf die Sorten Wasser-, Galia- und Cantaloupemelonen.
Allem Anschein nach eine gute Entscheidung. Lief der Anbau doch wie am Schnürchen, sodass die drei Melonentypen nun zum Standardangebot des Hofs gehören. Der Melonenanbau nimmt zwar bisher nur 0.3 Hektar ein. Aber letztes Jahr verkaufte der Hof in der Melonensaison von Mitte Juli bis Ende September rund 8000 bis 10.000 Melonen. "Und die Tendenz zeigt klar nach oben", sagt Gieser.
Vor zwei Jahren startete er dann auch mit dem Anbau der Artischocken. Eine wunderbare Pflanze, die in seinen Augen im Sommer auf jeden Tisch gehört. "Kulinarisch verspricht das einen Höhenflug." Doch bei der Artischocke erwies sich der Anbau deutlich schwieriger. Sie ist eine mehrjährige Pflanze und erträgt starken Frost über längere Zeit nicht. "Letztes Jahr überlebten von meinen 300 Pflanzen gerade einmal vier." Aber Gieser ist trotzdem zuversichtlich, dass er die Überlebensquote steigern kann.
Der Melone und der Artischocke gehört ein Teil der Zukunft auf seinem Hof. Der Wandel ist dabei nichts Neues für ihn. Bis 2010 war zum Beispiel der Tabakanbau ein Grundpfeiler des Hofs. Jetzt wächst hier keine einzige Tabakpflanze mehr, was aber mehr mit der Politik als den klimatischen Veränderungen zu tun hat: "Mit dem Auslaufen der Förderung hat sich das für uns nicht mehr gelohnt." Landwirtschaft bedeute immer Veränderung. Neue Wege hätten ja auch etwas Spannendes.
Für den staatlich geprüften Elektrotechniker und Facharbeiter für Landwirtschaft ist der Hof mehr als nur eine landwirtschaftliche Produktionseinheit. Hier aufgewachsen, ist der Hof ein grundlegender Teil seines Lebens. Früher mit mehr Tabak, Spargel und Zuckerrüben, heute mit einem wachsenden Anteil von Melonen und Artischocken. Einen echten Unterschied macht das für Gieser nicht.
Hauptsache das Land und die Landwirtschaft bleiben für ihn und seine Familie ein Zuhause.
Info: Spargel-, Melonen- und Artischockenhof Gieser, Altneurott 4 in Oftersheim, Telefon 06202/55984. Informationen auch unter www.spargelhofgieser.de