Von Frederick Mersi
Schriesheim. Heinz Waegner und die Mühlenhof-Bewohner nahmen mal wieder die Schaufeln in die Hand. "Der erste Starkregen - und wir sind schon wieder betroffen", sagt der Leiter der Wiedereingliederungseinrichtung. Die Beseitigung von Hochwasserschäden ist für ihn schon zur Routine geworden, und am Donnerstagabend war es wieder so weit: Während in der Kernstadt kein Tropfen fiel, öffnete der Himmel im Schriesheimer Tal seine Schleusen, und der Pappelbach überschwemmte die Talstraße auf Höhe des Schützenhauses.
Die Freiwillige Feuerwehr war eine Stunde lang mit 14 Einsatzkräften damit beschäftigt, den Abfluss frei zu machen und die Straße zu reinigen. Und Heinz Waegner nahm die Schippe in die Hand, um den geschotterten Parkplatz wieder herzurichten. Drei Stunden am Donnerstag, drei am Freitag. Doch bei größeren Überschwemmungen wird es damit nicht getan sein: Der Schutz vor Hochwasser wird die Stadt in den kommenden Jahren Millionen kosten. Das wurde in der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich, als Hans Göppert vom Ingenieurbüro Wald+Corbe die Untersuchung des Flussgebiets Kanzelbach-Loosgraben vorstellte.
Laut dessen Berechnungen muss Schriesheim schon bei einem mittleren Hochwasser, das im Schnitt alle zehn Jahre auftritt, mit großflächigen Überflutungen in der Kernstadt rechnen. Schuld daran sind vor allem Gaulsbrücke und die Verdolung am Festplatz: Dort können im Durchschnitt nur etwa acht Kubikmeter Wasser pro Sekunde fließen, ohne dass der Kanzelbach über die Ufer tritt - viel zu wenig, um den vom Land in Wohngebieten geforderten Hochwasserschutz zu gewährleisten. "Sie haben in den vergangenen Jahren ein Riesenglück gehabt", sagte Göppert im Rathaus. Vier Mal war die Gaulsbrücke zwischen 2011 und 2016 bis zum Anschlag gefüllt, es drohte eine Überflutung der Talstraße.
Nur mit Hängen und Würgen sei das Wasser im Kanzelbach geblieben, sagte Göppert. Mittlere bis große Hochwasserereignisse, die im Schnitt alle 100 Jahre auftreten, hätten für Schriesheim dagegen geradezu katastrophale Auswirkungen: Bis zu 130 Häuser könnten überflutet werden; der mögliche Schaden wird auf rund acht Millionen Euro geschätzt. Dazu kämen fast genauso hohe Schäden an der Infrastruktur wie Straßen, Kanäle, Wasser- und Stromleitungen.
"Es ist sehr deutlich geworden, dass wir dringenden Handlungsbedarf haben", sagte Robert Hasenkopf von der Grünen Liste nach Göpperts Vortrag. "Der Klimawandel schlägt hier voll zu." Auch Michael Mittelstädt (CDU) sagte: "Jetzt ist wirklich jedem klar, was das eigentlich bedeutet." Heinz Kimmel von den Freien Wählern erinnerte an Überschwemmungen in der Ladenburger Straße, und Wolfgang Renkenberger (FDP) versprach in Bezug auf Gegenmaßnahmen: "Wir werden uns beeilen und anfangen."
Dabei geht es nicht nur um den Schutz bestehender Gebäude, sondern auch darum, in aktuellen Überschwemmungsgebieten den Bau und die Erweiterung von Häusern möglich zu machen. In den Flächen, die von einem 100-jährlichen Hochwasser betroffen wären, ist das grundsätzlich verboten. Ein besserer Schutz vor Überflutungen könnte Abhilfe schaffen.
Ingenieur Göppert schlug in seinem Vortrag unter anderem ein weiteres Hochwasser-Rückhaltebecken im Bereich oberhalb des Waldschwimmbads vor, geschätzter Kostenpunkt: 4,1 Millionen Euro. "Wir werden die Planungen weiter vorantreiben und in die Eigentümergespräche gehen", versprach Bürgermeister Hansjörg Höfer. Auch das bestehende Rückhaltebecken soll saniert werden. Bis dahin wird es aber noch einige Zeit dauern: Gelder für ein neues Rückhaltebecken sind laut mittelfristiger Finanzplanung erst ab 2020 vorgesehen.
Heinz Waegner und die Mühlenhof-Bewohner stellen sich unterdessen auf weitere Schaufeleinsätze ein: "Beim nächsten Starkregen ist das vorprogrammiert."