Von Fritz Weidenfeld
Buchen/Mosbach. Große Ungereimtheiten gibt es nach dem Tod eines 60-jährigen Patienten, der in der Nacht vom 4. auf den 5. Januar in den Neckar-Odenwald-Kliniken am Standort Buchen verstorben ist. Der Mann war zwar unheilbar an Krebs erkrankt und litt an einer schweren Leberzirrhose, soll aber an seinem Erbrochenen gestorbenen sein. Ein mittlerweile gekündigter Oberarzt soll das Reanimationsteam zurückgewiesen haben, das dem mit dem Tode ringenden Patienten helfen wollte. Der 60-Jährige war anschließend bei vollem Bewusstsein erstickt.
Der Oberarzt begründete sein Vorgehen damit, dass der Schwerkranke keine lebenserhaltenden Maßnahmen gewünscht habe. Von diesem Wunsch sei allerdings nichts in den Patientenakten zu finden, wie die Personalchefin der Kliniken am Montag in einem Arbeitschutzprozess vor dem Mosbacher Arbeitsgericht aussagte. Der Oberarzt klagte dort gegen seine fristlose Kündigung. Bei diesem Verfahren kam der erschütternde Fall überhaupt erst an die Öffentlichkeit.
Bis dahin war auch die Mosbacher Staatsanwaltschaft über die dramatischen Vorgänge in der Buchener Klinik nicht informiert worden. Die Behörde leitete am Dienstag postwendend ein Todesermittlungsverfahren ein und ließ Akten beschlagnahmen. Wie die RNZ recherchierte, hatte der 60-Jährige in Walldürn gelebt und stand unter gesetzlicher Betreuung. Nähere Angehörige soll er nicht gehabt haben.
Wie sein Betreuer gestern auf RNZ-Anfrage sagte, sei er im Gegensatz zu den beim Arbeitsgericht vorgetragenen Einlassungen des Oberarztes auch für medizinische Angelegenheiten des Patienten zuständig gewesen – und nicht nur für die finanziellen Belange. Das heißt: Der Mediziner hätte den Betreuer zwingend fragen müssen, ob dieser gegen Reanimationsmaßnahmen ist. Dies sei jedoch nach Auskunft des Betreuers nicht erfolgt. Im Totenschein hatte der Oberarzt „Lungenembolie“ vermerkt und den Betreuer darüber informiert, dass der 60-Jährige verstorben sei – jedoch ohne die genauen Umstände zu erwähnen. Darauf wurde der Verstorbene in einem Krematorium verbrannt und in einer Urne beigesetzt. Eine Obduktion scheidet deshalb im Ermittlungsverfahren aus.
Der für die Abteilung der Kliniken zuständige Chefarzt sei laut Mitteilung des Krankenhauses der Meinung, dass der Patient noch mehrere Monate gut hätte leben können, wenn der Oberarzt ihm nicht die Hilfe versagt hätte. Der beschuldigte Mediziner wurde am 11. Januar freigestellt.
Vor dem Arbeitsgericht Mosbach schlossen die Parteien einen Vergleich: Die fristlose Kündigung wurde in eine ordentliche umgewandelt, das Arbeitsverhältnis zum 30. April beendet. Der Oberarzt bleibt bis dahin bei vollen Bezügen freigestellt. In seinem Zeugnis soll der dramatische Vorfall unerwähnt bleiben.