Von Harald Berlinghof
Mannheim. Der Schiffsunfall in der Nacht auf Dienstag auf dem Rhein beim Terminal Nord der Mannheimer Hafenanlagen passierte ganz in der Nähe des Tanklagers der Firma Interterminals, wo Chemikalien und Gefahrgüter in hochmodernen Anlagen gelagert werden. Bei solch einer Konstellation - Havarie und Gefahrgutlager - schrillen bei den Feuerwehren und Rettungskräften alle Alarmglocken. Doch es ist noch mal gut gegangen. Das Sinken des Schubverbandes, bestehend aus dem 110 Meter langen Schubschiff "Orfeo I" und dem davor liegenden 70 Meter langen Leichter "Orfeo II", wurde verhindert. Anschließend konnte das Doppelschiff vom Rhein in den Mühlauhafen verschoben werden. Beide Bestandteile des Schubverbandes waren mit Containern beladen. Beschädigt wurde bei der Havarie nur der vorne liegende Leichter.
Zur Unglücksursache gibt es gegenwärtig nur Vermutungen. Fakt ist, dass laut Aussage des Schifffahrtsamtes die Ruderanlage des Schubschiffes beschädigt ist. Ob das die Ursache dafür war, dass das Schiff den Kurs nicht mehr halten konnte, ist unklar. Nachdem das Schubverband stabilisiert war, konnten gestern Vormittag die Container von Bord auf ein anderes Schiff umgeladen werden. Man spricht in der Schifffahrtssprache dabei von "Leichtern". Und das trifft es in diesem Fall ganz besonders, denn dadurch, dass das Schiff beim Entladen leichter wurde, wanderte das Leck komplett über die Wasserlinie.
Bei der Ladung handelte es sich um Übersee-Container, die man in Karlsruhe- Germersheim aufgenommen hatte und die für Rotterdam bestimmt waren. Nach Aussage des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Mannheim soll sich aber kein Gefahrgut irgendwelcher Art darin befinden.
Taucher waren gestern im Einsatz, um eventuelle Schäden am Schiff unter der Wasseroberfläche zu finden. Aber auch, um die Bugstrahldüsen auf Beschädigungen zu untersuchen. Diese sind wichtig für die Manövrierfähigkeit des Schiffes. Trotz einer Beschädigung der Bugstrahlen am Leichter kann der Schubverband wahrscheinlich am heutigen Donnerstag aus eigener Kraft den Weg in eine niederländische Werft antreten, wie Jörn Heilmann, Sachbearbeiter Schifffahrt im Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Mannheim, erläuterte. Dazu müsste die Behörde das nach dem Unfall umgehend verhängte Weiterfahrverbot aufheben. Eine Reparatur vor Ort im Mannheimer Hafen sei nicht möglich, so der stellvertretende Amtsleiter, Marc Hannig. Auch Sachverständige der Schiffsversicherung waren vor Ort, die ein vitales Interesse daran haben, dass das Schiff so schnell wie möglich weiter fährt. Den Schaden schätzt Heilmann im siebenstelligen Bereich.
Schiffsunfälle sind eher selten. Im Zuständigkeitsbereich des Schifffahrtsamtes Mannheim zwischen Karlsruhe und Mainz sollen es jährlich 20 bis 30 sein, darunter nur drei bis fünf mit einer Schwere wie jetzt in Mannheim.