Von Simon Scherer
Mannheim. Nur zart angestupst wurde das eröffnende Geigenmotiv, leicht verschmitzt war es und doch von Persönlichkeit geprägt. Eine samtige Vollkommenheit, die der sagenhaften Klangkultur der Sächsischen Staatskapelle Dresden einmal mehr alle Ehre machte. Gleiches galt für den Blechapparat: Homogener vereint kann ein Klangkörper nicht agieren, wie es das Allegro von Beethovens 1. Klavierkonzert vormachte.
Ein Glücksfall für ProArte, dass mit Rudolf Buchbinder eine Legende am Flügel saß, in deren Repertoire Beethoven an allererster Stelle steht. So ausgereift musizieren wenige Tastengötter: der Ton klar und bestimmt, aber keine Spur von Aufdringlichkeit.
In Vollendung ist eine unmittelbare Nähe zum Werk hörbar, sodass die Musik ganz aus sich selbst heraus spricht und die Rolle des Interpreten in den Hintergrund tritt. Alles wirkte wunderbar ungezwungen. Ein Hochgenuss, der auch einer blitzsauber musizierenden Staatskapelle zu verdanken war.
So sehr sich op. 15 im klassischen Rahmen bewegt, unternahm Buchbinder gleichzeitig spannende Ausflüge ins Geheimnisvolle, was sich zwischen finsteren Abgründen und Märchenreich abspielte. Seine Entdeckerlust ließ nichts unerkundet und nahm das Orchester auf allen Pfaden mit. Ein Kapitel für sich war Buchbinders Pedal-Kunst, die selbst einfache Melodien des Largo aussagekräftige Wege gehen ließ. Niemand im voll besetzten Rosengarten konnte sich dieser Fantasie-Reise entziehen kann.
Da wirkte auch der Solist sichtlich zufrieden, der nebenbei noch großartige Arbeit als Dirigent leistete. So ausgeklügelt meistern wenige Pianisten diese Doppelaufgabe. Bei Buchbinder verfolgte nämlich jedes Motiv einen anderen Sinn und auch für Überraschungen hatte der Routinier jederzeit ein offenes Ohr.
Ganz so ins Detail ging er in Beethovens 5. Klavierkonzert leider nicht mehr. Fasziniert hat es nicht weniger. Zu Beginn hatte es Buchbinder zwar etwas eilig, dafür konnte man nur staunen, als das Intro ihm wie Butter von der Hand lief. Die Finger so federleicht über die Tasten flattern zu lassen und dennoch gehörige Substanz auszustrahlen, ist eine Meisterleistung. Parallel nahm sich Buchbinder launische Freiheiten heraus. Ein Abend der Superlative.