Von Roland Böhm
Esslingen. Aus dem weißen Zelt sind an diesem Nachmittag immer wieder laute Trauerschreie zu hören. Heulen. Männer und Frauen kommen mit verweinten Augen heraus, fallen sich in die Arme. Helfer des Deutschen Roten Kreuzes stehen bereit, versuchen zu trösten. Das Zelt steht etwas versetzt neben dem schmucken Reihenendhaus, weiß mit rotem Dach, in dem sich eine unfassbare Familientragödie abgespielt hat: Eine junge Familie ist plötzlich aus dem Leben gerissen. Vater, Mutter, beide 29 Jahre alt, und ihre beiden Kinder, ein vier Jahre alter Junge und ein drei Jahre altes Mädchen, sind tot.
Ein Verbrechen oder Selbsttötung schließt die Polizei am Montag rasch aus. Der Feuerwehr schlug beim Gang ins Haus eine extrem hohe Kohlenmonoxidkonzentration entgegen. "Wir gehen von einem tragischen Unglück aus", sagte Polizeisprecher Michael Schaal. Die genaue Ursache bleibt am Montag aber zunächst unklar.
Das farb- und geruchlose Gas entsteht unter anderem beim Verbrennen von Kohle oder Gas und führt zu Bewusstlosigkeit und zum Erstickungstod. Ein defekter Ofen? "Das ist alles reine Spekulation", sagt Schaal. Die Kriminaltechniker suchten die Lösung.
Montag, 12 Uhr: Angehörige - darunter laut Nachbarn die Mutter des Familienvaters - kommen zu Besuch, klingeln und klopfen, erhalten aber aus dem schmalen, dreigeschossigen Haus in einem Gewerbegebiet keine Antwort. Durch ein Fenster sehen sie zwei leblose Personen auf dem Boden liegen. Die Angehörigen laufen auf die Straße, alarmieren die Nachbarn. Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr gehen später nur mit Atemschutz ins Haus. Dort finden sie zwei weitere Tote. Jede Hilfe kommt zu spät.
Die Nachricht verbreitet sich in Esslingen wie ein Lauffeuer. Etliche Angehörige, Freunde Nachbarn der türkischstämmigen Familie kommen zum Haus. Einsatzfahrzeuge stehen am Haus. Rot-weißes Flatterband sperrt das Haus ab. Mehrere Fenster sind weit aufgerissen. Andere mit Tüchern als Sichtschutz von der Polizei verhängt.
Unter dem Carport steht der dunkle Mercedes der Familie. Nach Angaben von Nachbarn hat der Familienvater im nahen Daimler-Werk gearbeitet. Das Reihenhaus sei erst vor drei Jahren gebaut worden, erzählen sie. Es ist das letzte Haus im Esslinger Ortsteil Mettingen vor der Stuttgarter Stadtgrenze. Wie Martin Kuhn, Bereitschaftsleiter beim DRK berichtet, machten sich in Ulm und Bonn Angehörige auf den Weg zum Unglücksort.
