Eppingen. (dpa) Nachdem eine junge Frau während eines Fastnachtsumzugs in Baden-Württemberg an einem Hexenkessel verbrüht wurde, hat die Polizei Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung und möglicher unterlassener Hilfeleistung aufgenommen. Das sagte Polizeisprecher Achim Küller am Montag. Eine 18-Jährige wurde am Samstagabend beim Nachtumzug in einem Kessel mit siedend heißem Wasser schwer an den Beinen verbrüht. Andere Teilnehmer sollen sich danach nicht um die Frau gekümmert haben.
Zum Spaß hätten Freunde die junge Frau den Hexen sozusagen ausgeliefert, sagte Küller. Die eine Hexe einer Gastzunft habe die Zuschauerin gegriffen, hochgehoben und über einen zur Show dampfenden Hexenkessel mit heißem Wasser gehalten. Eine andere Hexe habe den Kessel geöffnet. Dann gerieten die Beine der Frau bis zu den Kniekehlen ins Wasser. Warum? Das müsse noch ermittelt werden.
Die Hexen hätten die junge Frau nach dem Unfall mit schweren Verbrühungen zurückgelassen. Sie kam in eine Spezialklinik, in der sie wohl ein bis zwei Wochen bleiben müsse, sagte Polizeisprecher Küller.
Man habe sechs Personen der Zunft ermittelt, die den Wagen gestellt hatten. Der Kessel habe über einer Feuerstelle auf einem Wagen gestanden, der von mehreren Menschen gezogen wurde. Diese seien nach dem Vorfall einfach weitergegangen, ohne sich um die Verletzte zu kümmern.
Die Ermittler hatten am Montagnachmittag bereits mehrere Zeugen befragt - darunter sowohl Teilnehmer des Umzugs als auch Besucher. Insgesamt waren den Angaben zufolge mehr als 80 Gruppen und etwa 2000 Menschen an dem sogenannten Nachtumzug beteiligt.
Die Zukunft der Veranstaltung ist nach dem Unglück offen. "Ich kann aus heutiger Sicht nicht sagen: 'Ja, es geht weiter'", sagte Oberbürgermeister Klaus Holaschke (parteilos). Der Fall mache ihn persönlich betroffen. Wie der Verein "Hexenzunft Eppingen" auf seiner Internetseite schreibt, findet der Nachtumzug seit 2003 am Samstag vor dem "Fasnetswochenende" statt. Holaschke zufolge lief die Veranstaltung in den Vorjahren stets ohne größere Probleme ab.
Nach Angaben der Stadt entsprach auch der betroffene Wagen den Auflagen. Er sei vor dem Umzug vom Ordnungsamt abgenommen worden, sagte eine Sprecherin. Allerdings habe sich zu dem Zeitpunkt kein heißes Wasser auf dem Fahrzeug befunden.
Hexenfeuer und -kessel seien in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht üblich, sagte die Stadtsprecherin. "Uns waren Ereignisse dieser Art aufgrund von solchen Kesseln nicht bekannt." Die Zunft, zu der der Wagen gehörte, sei seit vielen Jahren bei dem Umzug dabei und noch nie negativ aufgefallen. Der Vorfall werde nun kritisch aufgearbeitet. Über Konsequenzen könne man aber noch nichts sagen. "Das Wichtigste ist im Moment, wie es der jungen Frau geht."
Die Zunft veröffentlichte am Wochenende bei Facebook zahlreiche Bilder des Umzugs - allerdings ohne auf den Zwischenfall einzugehen. Von zahlreichen Nutzern gab es dafür Kritik.
Update: 5. Februar 2018, 15.20 Uhr