Von Harald Berlinghof
Schwetzingen. Ein unbekannter Sondengänger war am vergangenen Donnerstag im Schwetzinger Hirschackerwald auf der Suche nach Metall im Boden - was verboten ist. Ob er nach römischen Münzen oder antiken Schätzen gesucht hat, ist nicht bekannt. Gefunden hat er jedenfalls einen großen Metallgegenstand. Immerhin verständigte der Mann anonym die Polizei. Die informierte die Feuerwehr und das Ordnungsamt der Stadt Schwetzingen.
Ein Verdacht lag nahe: dass der Mann eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt hatte. Die Ordnungskräfte und der Kampfmittelbeseitigungsdienst aus Stuttgart nahmen sich der Sache an. Erste Grabungen der Experten am Donnerstag bestätigten dann die Vermutung. Es handelte sich um eine Weltkriegsbombe, die da im Boden lag. "Gefahr im Verzug" sei allerdings nicht gegeben gewesen, sagte Ordnungsamtsleiter Pascal Seidel bei einer Pressekonferenz, deshalb konnte man mit der Entschärfung der Bombe noch etwas warten. Bis zum gestrigen Dienstag.
Die Polizei war mit einem Hubschrauber und einer Pferdestaffel im Einsatz, ebenfalls vor Ort: zwei Einsatzzüge aus Heidelberg und Mannheim. Das umliegende Gebiet wurde in einem Radius von 500 Metern abgeriegelt. Die Kleingartenanlage Schwetzingen lag innerhalb der gefährdeten Zone und musste gesperrt werden. Aus Schwetzingen kommend war die L 597 (Friedrichsfelder Straße) zwischen der Tompkins- und der Kilbourne-Kaserne eine Stunde lang dicht. Der Stadtteil Hirschacker lag knapp außerhalb der Sperrzone, und so konnten die Bewohner in ihren Häusern bleiben.
"Grand Slam" oder "Tallboy" nannten die Soldaten der Alliierten verharmlosend die tonnenschweren dicken Weltkriegsbomben, die auf Deutschland fielen. Ein kleiner "Tallboy" mit immerhin 500 Kilo Gewicht war es, der gestern im Schwetzinger Hirschackerwald vom Kampfmittelbeseitigungsdienst entschärft wurde. Dass der Wald mit seiner unmittelbaren Nähe zur Bahnlinie durchaus im Verdacht steht, dass dort Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg schlummern, hatten auch die Vorsichtsmaßnahmen des Naturschutzbunds (Nabu) gezeigt. Er hatte vor der Rodung von Kiefern Sondengänger zur Untersuchung losgeschickt.
Mit einer Länge von etwa 1,20 Meter und einem Durchmesser von rund 40 Zentimetern zählt die Bombe zu den größeren, die während des Krieges eingesetzt wurden. So hätte sie bei einer Zündung mit ihren 230 Kilo Sprengstoff einen Krater von acht bis zwölf Metern Durchmesser und drei bis fünf Meter Tiefe geschlagen, sagte Mathias Peterle, stellvertretender Leiter des Kampfmittelbeseitigungsdiensts.
Fünf Experten waren aus Stuttgart angereist, um die Bombe zu entschärfen. Mit einer 300 Meter langen Zündleitung wurde ein aufgeschraubter Aufsatz, Raketenklemme genannt, gezündet, der den eingeschraubten Zünder der Bombe - die Briten nannten ihn "Pistols" - aus dem Gewinde heraus drehte. "Das gab einen kleinen Knall, aber die Anwohner im benachbarten Stadtteil waren darüber informiert", führte Peterle weiter aus. Danach musste nur noch der sogenannte Detonator heraus gezogen werden.
"Das war heikel. Aber der letzte schwere Unfall in Baden-Württemberg liegt bereits 30 Jahre zurück", wusste Peterle. Etwa 20 bis 25 Bomben entschärft der Kampfmittelbeseitigungsdienst pro Jahr in Baden-Württemberg. Der Schwetzinger Blindgänger wurde per Kleinlastwagen nach Stuttgart gebracht. Dort wird er zwischengelagert und schließlich in einer spezialisierten Kampfmittel-Vernichtungsanlage in Niedersachsen entsorgt.