Daniel Craig als James Bond trinkt in „Skyfall“ gemeinsam mit seinem Widersacher Silva einen besonders feinen Whisky: Macallan. Und der Agent kommt dabei offenbar auf den Geschmack, denn im darauffolgenden Film der Reihe, „Spectre“, gönnt er sich wieder ein Glas der Marke.
Man könnte fast sagen, dass die schottische Brennerei mit diesem Product Placement ihr Image aufpolieren will. Aber nur fast. Denn Whisky hat das nicht notwendig.
Das Getränk steht seit Jahren, Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten für genau das, was auch James Bond verkörpert: Maskulinität, Macht, Intelligenz, Verwegenheit.
Doch woher kommt es, dass jeder vom Edel-Gangster im Hollywood-Film bis zum Wall-Street-Banker — oder anders: jeder, der etwas auf sich hält — gerne Whiskey trinkt?
Einer, der es wissen muss, ist Stefan Gabanyi. 23 Jahre lang war er Barkeeper und Whisky-Experte in der berühmten Cocktailbar Schumann’s in München und betreibt mittlerweile seine eigene Bar.
Seine Theorie: Whisky hat sein Image einem grandiosen Marketing der Schotten im 19. Jahrhundert zu verdanken. „Die Schotten haben früh begriffen, dass sich ein Produkt besser verkauft, wenn ein Image dahintersteht. Sie haben Schottland — und damit einhergehend Whisky — in England als raue Schönheit beworben.“ Also als etwas, das zugleich wild und edel ist. Französischer Cognac war damals das gesellschaftsfähige Getränk, Whisky wiederum das spezielle.
Der Rest ist Kolonialgeschichte: Großbritannien hatte durch seine vielen Kolonien einen riesigen kulturellen Einflussbereich. So verbreitete sich Whisky mit diesem Image auch in Indien oder in den Vereinigten Staaten.
Beachtlich ist vor allem, dass sich Whisky bis heute mit diesem Ansehen schmücken kann — trotz Whisky-Cola-Angeboten auf Mallorca. Und dieses Image setzt sich heute im Wesentlichen aus diesen sechs Punkten zusammen.
„Spirituosen waren im 19. Jahrhundert — mit wenigen Ausnahmen — sowieso nur Getränke für Männer, und durch seinen kräftigen und scharfen Geschmack war Whisky das beste Beispiel eines männlichen Drinks“, sagt Gabanyi.
Amerikanische Schriftsteller bedienten dieses Motiv des männlichen, wilden und edlen Drinks, indem sie „Lonely Wolfs“ wie Cowboys oder Gangstern ein Whisky-Glas in die Hand schrieben. Hollywood-Filme übernahmen später dieses Motiv und streuten es in den Rest der Welt. Und schon war Whisky ein Getränk des ultimativen Mannes, daran können selbst prominente Whisky-Trinkerinnen wie Schauspielerin Ava Gardner oder Hillary Clinton nichts ändern.
Es sollte mittlerweile weitgehend bekannt sein, dass Whisky aus fermentierter Getreidemaische gemacht wird. In der Herstellung ist Whisky kein teures Getränk. Was ihn so besonders macht: Zum einen das Alter. Whisky reift lange in einem Holzfass. Und je länger er reift, desto mehr verdunstet davon. Das heißt, von einem ziemlich alten Whisky gibt es auch weniger. Zum anderen ist es die Einzigartigkeit: Single Malts heißen jene Whiskys, die nur aus einer Brennerei kommen. Jeder Whisky kann anders schmecken, ja nach Lagerzeit oder Art des Fasses.
Der Macallan M ist der derzeit wertvollste Whisky der Welt. Bei einer Versteigerung in Hongkong erzielte eine 6-Liter-Karaffe 2014 den Rekordpreis von 630.000 Dollar.
Wer sich eine solche — oder auch etwas preiswertere— Flasche leisten kann, der zeigt nicht nur, dass er Geld hat. Wer sich Whisky leistet, der zeigt auch, dass er an seine Zukunft denkt. Was uns zum nächsten Punkt führt ...
Wer über einen Lebensstandard hinauswächst, bei dem man nur von der Hand in den Mund lebt, der kann es sich leisten, für die Zukunft vorzusorgen. Die einen kaufen Goldbarren, die anderen Immobilien und manche kaufen eben Whisky.
Whisky-Sammler erwerben eine neue Edition beim Erscheinen um 150 Euro oder gar weniger und verkaufen sie später für eine Marge von mehreren tausend Prozent. Einige Brennereien stehen für höhere Wertsteigerungen als andere. Wer sich für Whisky interessiert, der kauft eine Flasche direkt nach dem Abfüllen von einer bekannten Marke und hofft, dass sie einmal viel wert ist. Und falls nicht, kann man sie immer noch trinken.