Männliche Kollegen sagen Kathleen Martinez, sie könne ihre pinken Outfits nicht tragen, wenn sie als Anwältin ernst genommen werden wolle. Sie will sich in keine Schublade stecken lassen – und gründet eine rein weibliche Kanzlei, in der alle Pink tragen.
"Unterschätzt zu werden ist eine Stärke, denkt daran!" – schreibt Kathleen Martinez als Titel zu einem Video, das sie von sich auf Instagram und TikTok teilt. Darauf tanzt die US-amerikanische Anwältin in einem pinken Hosenanzug vor einem Gerichtsgebäude, darüber gelegt auf Englisch der Satz: "Einmal habe ich gehört, wie der gegnerische Anwalt sich über meine pinken Anzüge lustig gemacht hat – deshalb trage ich diesen hier jedes Mal, wenn ich vor Gericht gegen ihn gewinne."
Mit dem stereotypischen Bild einer Anwältin, das viele im Kopf haben dürften, hat Martinez ganz bewusst nicht viel gemein: Sie hat platinblonde Haare, ist stark geschminkt, und trägt fast ausschließlich pinke Hosenanzüge oder Blazerkleider. Dass einige ihr deshalb ihren beruflichen Erfolg auf den ersten Blick nicht zutrauen, die Erfahrung macht sie immer wieder. In ihrem alten Job in einer Anwaltskanzlei wurde ihr von ihren männlichen Chefs gesagt, mit pinken Kleidung könne man sie nicht ernst nehmen, sie solle sich konservativer kleiden.
In ihren Videos auf TikTok und Instagram, wo ihr hunderttausende von Menschen folgen, berichtet sie über sexistische Bemerkungen, wie sie ihren alten Job deshalb schließlich verließ und sich gemeinsam mit ihrem Mann eine eigene, rein weibliche – und rein pinke – Kanzlei aufbaute. Er kommt aus Mexiko, seinetwegen begann sie, sich auf Migrationsrecht zu spezialisieren. Mittlerweile hat sie eine ganze Marke aus ihrem Auftreten gemacht. In ihren Videos und auf ihrer Website trägt nicht nur sie ausschließlich pinke Zweiteiler – mittlerweile besitzt sie laut eigener Aussage 30 Stück –, sondern auch ihre Mitarbeiterinnen. Ihr Büro ist ebenfalls komplett in Pink eingerichtet, auf ihrer Website verkauft sie pinke Tagesplaner. STERN PAID Influencer und Oma 15.39
Nicht umsonst erinnert Martinez mit ihrem Auftreten an Reese Witherspoons Rolle der Jurastudentin Elle Woods aus der US-Komödie "Legally Blonde" (deutscher Titel: "Natürlich Blond"), die mit allen Anwalts-Klischees bricht und es am Ende natürlich allen zeigt. Immer wieder nimmt Martinez in ihren Videos selbst Bezug auf den Film, zeigt ihnen "Einen Tag im Leben von Elle Woods" und schmeißt "Legally Blonde" -Mottopartys für ihre Angestellten.
Sie schlägt in ihren Videos aber auch mal ernstere Töne an, in denen sie (oft auf Englisch und Spanisch untertitelt) Immigrant:innen in die USA über ihre Rechte und Möglichkeiten aufklärt, an eine Green Card zu kommen, oder in welchen US-Bundesstaaten man ohne Aufenthaltspapiere einen Führerschein machen kann. Sie arbeitet mit einem rein weiblichen Team, das fast nur aus Frauen besteht, die selbst in die USA eingewandert sind – und die Anliegen der Klient:innen daher oft aus erster Hand kennen. Nun möchte sie zusätzlich noch Mentorings im Bereich Social Media für Anwält:innen und Jurastudierende anbieten.
Damit, dass sie auf ihren Online-Auftritt so viele Reaktionen erhalten würde, habe sie selbst nicht gerechnet, sagt Martinez dem "People"-Magazin. Seit sie damit angefangen hat, ihren Arbeitsalltag online zu teilen, habe sie tausende Bewerbungen von Frauen erhalten, die sich nicht zugehörig fühlten, und die an ihrem bisherigen Arbeitsplatz nicht sie selbst sein könnten.
Genauso habe sie sich auch gefühlt, sagt sie dem Magazin weiter, weil ihr ihre männlichen Kollegen das Gefühl gegeben hätten, nicht gut und nicht schlau genug zu sein; als ob es nur ein entweder oder gebe: "Dass ich entweder hübsch oder schlau, entweder weiblich oder schlau sein muss – als ob man nicht beides sein kann."
Quellen: Instagram, People, New York Post