Von Rainer Hofmeyer
Eberbach. Übermäßiger Müll, Saufgelage, Alkoholvergiftung, Zechprellerei. Mehr nicht – Eberbach ist doch noch gut davon gekommen, als dieser Tage irische Landfahrer die Neckarstadt heimsuchten. Es hätte schlimmer sein können. Seit einigen Jahren haben Ordnungsämter und Polizei im Rhein-Main-Gebiet und im Rheinland regelrechte Horrorerfahrungen mit mobilen Iren. Die Probleme werden in den Medien in aller Offenheit kommuniziert. Da wird dann auch von massiven Straftaten berichtet.
Die Reisen mit den Wohnwagen-Gespannen werden als Pilgerfahrten beschrieben. Denn die Iren sind streng gläubig, verehren Maria und strömen von überall her zu Mariä Himmelfahrt in den rheinischen Wallfahrtsort Kevelaer. Wenngleich sich die Frommen dann auf der Anreise doch wenig christlich verhalten. Eberbach war also mutmaßlich eine Station Richtung Rheinland, wo die Iren am Samstag ihre Heilige feiern. Dass die exzessiven Besäufnisse bei einem Aufenthalt wie in Eberbach als Hochzeitsfeiern bezeichnet werden, ist auch nichts Neues.
"Wir wollen Bier trinken und Sex haben mit allen deutschen Frauen", propagierte eine männliche Gruppe in einem vor wenigen Jahren vom Hessischen Rundfunk ausgestrahlten Fernsehinterview – Ziele, die sie auf dem Pilger-Trip so nebenher genießen wollen. Bis zu 600 Landfahrer haben sich den Berichten nach schon mal auf einem freien Platz niedergelassen und allerlei Schaden angerichtet. Wenn sich eine Gemeinde überhaupt auf einen Deal mit den Iren einlässt, hat sie schon verloren. Vom Standort der Wohnwagen zu den Kneipen der Ortschaften ist kein Weg zu weit. Da ist dann auch mal von Diebstählen, Sachbeschädigungen bis hin zu Plünderungen nahegelegener Supermärkte und Tankstellen die Rede.
Meist fällt an den Lagerstätten mehr Müll an als kalkuliert. Wiesenplätze werden von den großen Gespannen umgepflügt. In gutem Glauben an einen ordentlichen Aufenthalt von den Kommunen auf den Parkplätzen aufgestellte Toilettenhäuschen wurden auch schon mal umgekippt statt genutzt. Ohne Häuschen geht es schließlich auch – auf dem Gelände. Stets leidet auch die Nachbarschaft unter Lärm und Gerüchen. Im Süden Hessens gilt nach den Erfahrungen der letzten Jahre inzwischen null Toleranz. Die Wallfahrer werden regelrecht vergrämt, die möglichen Standplätze hermetisch geschlossen. Polizei und Ordnungsämter sind Mitte August in Alarmzustand. Auf der Rhein-Main-Schiene haben die Gemeinden einen Warndienst aufgebaut, in dem sie sich die Positionen und möglichen Fahrtrouten der Iren durchgeben. Es gibt Ortschaften, die beim Herannahen der Pulks ihre großen Parkplätze mit riesigen Steinen blockieren. Denn es gibt eine Erfahrung: Haben die Landfahrer erst einmal Gastfreundschaft in einem Ort genossen, werden sie wiederkommen.
Insofern weiß Eberbach jetzt schon Bescheid. Mariä Himmelfahrt 2021 steht ja im Kalender.
Update: Mittwoch, 12. August 2020, 17.30 Uhr
Irische Camper ließen es "krachen"
Eine Hochzeitsgesellschaft mit Wohnwagen hielt am Wochenende in Eberbach Wirte, Polizei und Anwohner auf Trab.
Eberbach. (cum) Beschwerden wegen Ruhestörung, leere Bierfässer, Müll am Schwimmbad, Fahren ohne Führerschein, Alkoholvergiftung und der Vorwurf der Zechprellerei: Eine irische Camper-Gruppe ließ es übers Wochenende in Eberbach ordentlich krachen.
Am Freitag rollten sie in der Au ein: Acht Campinggespanne, neun Autos. Das Eberbacher Ordnungsamt geht von rund 40 Leuten aus, ältere, junge, teils waren sie mit Kindern unterwegs. Nach Aussage eines Anwohners standen mehrere Wohnwagen kreuz und quer auf dem Schwimmbad-Parkplatz. Dort feierten sie eine Hochzeit.
Dabei war reichlich Alkohol im Spiel. Zwei Anwohnerinnen klagten über nächtliche Ruhestörung, Saufgelage und verstreuten Müll. Laut Ordnungsamt und Polizei sollen einige versucht haben, mehrfach mit ein und demselben QR-Code ins Schwimmbad zu kommen, in das man wegen Corona nur mit Online-Buchung kommt. Ein 15-Jähriger wurde von der Polizei unter Einfluss von Cannabis am Steuer des Wagens seines Vaters erwischt.
Am Samstag liefen die Iren in den Kneipen der Stadt ein. Im Biergarten des "Milano" am Alten Markt machten es sich in der Samstagnachmittagshitze sechs Iren mit freiem Oberkörper und Sonnenbrand bequem und tranken zwei 30-Liter-Fässer Bier leer. "Laut" und trinkfreudig seien die Gäste gewesen, sagt der Wirt, "aber nicht aggressiv", und bezahlt hätten sie alles.
In der "Snackbar" in der Oberen Badstraße ließ es eine Gruppe Jüngerer krachen und die Bedienung zunächst auf 150 bis 200 Euro unbezahlter Zeche sitzen. Die Bedienung rannte laut Aussage der Wirtin quer durch die Stadt, um die Zechpreller zu finden und wurde im Querbeet in der Bahnhofstraße fündig. Dort lief Samstagnacht eine Gruppe junger Frauen und Männer ein – kurz nachdem die Wirtin wegen der Biergartensperrzeit ihre Gäste nach drinnen gebeten hatte. Zwischenzeitlich rückte ein Streifenwagen der Polizei an.
Die Bedienung der Snackbar bekam einen Teil der offenen Rechnung erstattet. Den Rest trieb sie am Sonntagmorgen mit Hilfe der Polizei in der Au ein. Ein 48-Jähriger hatte während des Wochenendes so viel intus, dass er mit einer Alkoholvergiftung vorsorglich in ein Krankenhaus nach Heidelberg gebracht wurde. In der Au wurde nach Aussage der Eigentümerin an einem Wohnwagen, den sie dort abgestellt hatte, eine Scheibe eingeschlagen. Ob ein Zusammenhang mit den Iren besteht, ist aber unklar.
Am Sonntagvormittag fuhren die Camper weiter. Den restlichen Müll hat der städtische Bauhof beseitigt. Einen der Iren hatte die Gruppe offenbar vergessen: Der tauchte abends im Milano auf und fragte, wo seine Landsleute seien.